Mitarbeiter der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt protestierten am Dienstag gegen Sparpläne an der Institution.
Die Belegschaft der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) kämpft mit harten Bandagen gegen eine Zerschlagung der Institution. Bei einer Betriebsversammlung im Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus protestierten am Dienstag Mitarbeiter und Gewerkschaft gegen dahin gehende Aussagen von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), die "Ministerin für Krankheit und Asoziales" genannt wurde.
An die 300 Mitarbeiter des Unfallkrankenhauses hatten sich vor dem Gebäude in Wien-Brigittenau versammelt, um ihren Unmut gegen die Regierung zu demonstrieren. Betriebsrat Manfred Rabensteiner betonte, dass kein Patient während der Betriebsversammlung nach Hause geschickt werde. Die Maßnahme sei aber notwendig, da die Ministerin mit ihren Aussagen zu Einsparungen in der AUVA "die rote Linie übertreten" habe.
Das Leben von Menschen steht auf dem Spiel
Die Regierung "setzt in letzter Konsequenz das Leben von Menschen aufs Spiel", zeichnete Rabensteiner ein drastisches Szenario. Sein Appell: "Frau Minister! Nehmen Sie die Forderung zurück, die AUVA zu schließen! Und im Anschluss Ihren Hut!" Noch pointierter formulierte es Betriebsrat und Ärztesprecher Heinz Brenner: "Wenn jemand so etwas vorhat, dann sollte er auf sein Türschild schreiben: 'Ministerin für Krankheit und Asoziales'."
Auch AUVA-Zentralbetriebsrat Erik Lenz betonte, während des Protests die Versorgungssicherheit aufrechterhalten zu können - "wir können und wollen nämlich nicht am Patienten sparen, das wollen andere".
Unterstützung gab es von Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. "Die Unfallchirurgie wurde erfunden von Lorenz Böhler", bezog er sich auf den Namensgeber des Spitals. Umso unverständlicher sei es daher, wenn eine solche Einrichtung aufgelöst werden könnte.
Mitorganisiert hatte den Protest die Gewerkschaft GPA-djp. "Wir werden gemeinsam weiter kämpfen für den Erhalt der AUVA", so Barbara Teiber von deren Bundesgeschäftsführung. Und auch die Belegschaftsvertreter ließen wissen, dass es sich bei den Betriebsversammlungen in ganz Österreich nur um einen ersten Schritt handle, sollte Hartinger-Klein nicht einlenken. Oder wie es Arbeiter-Betriebsrat Peter Redl formulierte: "Wir sind zu allem entschlossen."
Nicht direkt auf die Proteste ein ging die Gesundheitsministerin am Rande einer Pressekonferenz zum Thema Diabetes. Für Hartinger steht die Tatsache im Vordergrund, dass 80 Prozent der Behandlungen in Unfallkrankenhäusern nach Freizeitunfällen erfolgen und die Arbeitsunfälle damit nur einen kleinen Teil ausmachten. "Das ist das Thema, das anzugehen ist", sagte die Ministerin. Bezüglich der Betreiber der Unfallkrankenhäuser verwies sie auf weitere Verhandlungen am Donnerstag.
SPÖ-Chef Christian Kern warnte am Dienstag neuerlich vor einer Zerschlagung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA). "Wir lehnen die mutwillige Beschädigung der Unfallversicherung massiv ab und werden alles unternehmen, um Kürzungen im Gesundheitssystem zu verhindern", erklärte der frühere Bundeskanzler in einer Stellungnahme.
An der von der ÖVP-FPÖ-Regierung geplanten Reform der AUVA, die laut Sozial- und Gesundheitsministerin Hartinger-Klein bis hin zu einer Auflösung der Unfallversicherungsanstalt gehen soll, ließ Kern kein gutes Haar. Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Strache wollen, dass die Unternehmen 500 Millionen Euro weniger für die Unfallversicherung zahlen, so Kern. Verkauft werde das als "Sparen im System".
Die Verwaltung der AUVA, also das "System", koste aber nur 90 Millionen. "Bei einer ambitionierten Reduktion der Verwaltungskosten von zehn Prozent bleiben immer noch 490 Millionen Kürzungen bei den Patienten", rechnete der SPÖ-Chef vor. "Für die Patienten heißt das, entweder weniger medizinische Leistung oder höhere Beiträge zahlen. Die Nutznießer sind vor allem die Großunternehmen, die sich Beiträge sparen. Das ist eine klassische schwarzblaue Umverteilung von unten nach oben."
Die NEOS verlangten am Dienstag eine "echte" Reform anstelle von Kahlschlägen bei den AUVA-Leistungen. In einer Pressekonferenz forderten sie die Übergabe der Unfallkrankenhäuser an die Länder und eine Arbeitsunfall-Versicherungspflicht statt der Pflichtversicherung für die Firmen. Kritik setzte es für die Bundesregierung.
NEOS-Chef Matthias Strolz warf Gesundheitsministerin Hartinger-Klein und Vizekanzler Strache (beide FPÖ) vor, hier eine "konzeptlose Überschriftenpolitik" zu betrieben. Die Auflösung der AUVA in den Raum zu stellen, ohne einen Plan für eine Folgeregelung zu präsentieren, wertete er als verantwortungslos und skurril.
Eine mögliche Erklärung dafür hatte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker parat. Die AUVA habe ein Finanzvermögen von rund 500 Mio. Euro und Rücklagen im Umfang von 1,1 Mrd. Euro angehäuft, führte er aus. Genau dieses Geld wolle Hartinger-Klein zu den finanzschwachen Krankenkassen transferieren, um sich in der laufenden Legislaturperiode eine echte Systemreform zu ersparen.
Wie diese bezüglich der AUVA aussehen könnte, haben sich die NEOS überlegt: Sie wollen eine Versicherungspflicht, wodurch sich die Firmen (ähnlich wie bei der betrieblichen Mitarbeitervorsorge) eine Arbeitsunfallversicherung aussuchen könnten. Der Versicherungsschutz für alle würde aufrecht bleiben, aber um gut die Hälfte der Kosten, zeigte sich Loacker überzeugt. © APA
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