In Kanada treffen sich die Außenminister der G7-Staaten. Es gäbe viel zu besprechen, doch wie verlässlich sind die USA noch als Verbündete? Vor allem im Gastgeberland sind die Menschen verstört.
Geschichte wiederholt sich nicht, das ist bekannt. Aber im Hotel "Fairmont Richelieu" im kanadischen Bundesstaat Québec kann man sich in diesen Tagen schon verwundert die Augen reiben.
Im Juni 2018 entstand hier ein legendäres Foto. Die Staats- und Regierungschefs der sieben größten Industrienationen hatten sich in dem Hotel an wuchtigen Tischen auf plüschigen Teppichen und unter goldenen Kronleuchtern versammelt. Die Stimmung auf dem G7-Gipfel war angespannt.
Eine Aufnahme des Fotografen Jesco Denzel schien das alles in einem Augenblick einzufangen. Der damalige US-Präsident

Trump hatte gefordert, den russischen Präsidenten
Aus dem Flugzeug heraus zog er seine Zustimmung zur Abschlusserklärung zurück. Aus der Gruppe der Sieben sei eher eine G6+1 geworden, hieß es damals.
Trump droht mit Zöllen – und der Einverleibung Kanadas
In diesem Tagen findet im Fairmont Richelieu wieder ein G7-Gipfel statt – dieses Mal treffen sich in dem burgähnlichen Hotel die Außenministerinnen und Außenminister. Und die Parallelen zu 2018 lassen die Frage aufkommen, ob sich Geschichte nicht doch wiederholt.
Donald Trump ist jedenfalls zurück im Amt. Er hat Zölle gegen direkte Nachbarn und europäische Verbündete verhängt. Er hat gerade erneut gefordert, Russland (das bekanntlich einen Krieg gegen sein Nachbarland Ukraine führt) in die Gruppe zurückzuholen. Und er hat noch einen draufgesetzt. Kanada könne doch der 51. Bundesstaat der USA werden, hat er gesagt. Die Rede von G6+1 macht wieder die Runde.
G7: Eigentlich ein vertrauliches Format
Nur die Jahreszeit ist eine andere. Vor dem Hotel liegt festgefrorener Schnee, auf dem Sankt-Lorenz-Strom unterhalb des Hotels haben sich Eisplatten gebildet. Deutschlands Außenministerin
Zwischen den Zeilen lässt sich allerdings auch herauslesen, dass die G7 an diesem Abend nicht vollständig waren. Der Außenminister der USA, Marco Rubio, hat das Essen bei Joly anscheinend geschwänzt. Das ist zunächst nur ein Gerücht, stünde aber sinnbildlich für den Zustand der G7.
Vor 50 Jahren wurden sie als "Weltwirtschaftsgipfel" von Deutschland und Frankreich ins Leben gerufen. Zunächst war es eine Sechser-Runde, zu der auch die USA, Italien, Großbritannien und Japan gehörten, später stieß Kanada hinzu. Die Treffen hatten zunächst eher den Charakter von Kamingesprächen.
Ein halbes Jahrhundert später hat das Format aus Sicht ihrer Befürworter immer noch Vorteile. Die Runde ist klein, Gespräche deswegen oft vertraulich und produktiv. Baerbock bezeichnet die G7 als "Arbeitsmuskel" der westlichen Welt, weil Entscheidungen hier schnell fallen können.
Außenseiter Rubio
Doch mit dem neuen US-Außenminister Marco Rubio sitzt inzwischen ein Partner am Tisch, der auf Misstrauen trifft. Rubio gilt in der Trump-Administration zwar als Gemäßigter. Als Mann, mit dem die Europäer reden können. Als anständig, fast als schüchtern. Aber wie viel Macht hat er in einer Regierung, in der ganz andere Töne angeschlagen, Verbündete regelmäßig verprellt werden?
Vor allem im Gastgeberland ist die Verunsicherung groß. Die Kanadierinnen und Kanadier sind geradezu verstört von Trumps Aussagen, Kanada könne ein US-Bundesstaat werden. Sein Außenminister Rubio sagte am Mittwoch, als er in Québec eintraf: "Es wird bei dem Treffen nicht darum gehen, wie wir Kanada übernehmen werden." Interessant, dass so etwas heutzutage festgestellt werden muss.
Baerbock weicht Frage nach Kanada aus
Der Rest der Runde ist sichtbar bemüht, gelassene Miene zum bedrohlichen Spiel zu machen. Offenbar will man den Graben innerhalb der G7 nicht selbst vertiefen, indem man auf Trumps Provokationen eingeht. Annalena Baerbock wird am Donnerstag von einer kanadischen Journalistin gefragt, was sie zu Trumps "Annexionsplänen" sage. Baerbock könnte sich jetzt klar hinter Kanada stellen – dessen Außenministerin bezeichnet sie inzwischen als Freundin. Stattdessen lobt sie ein Video zum Thema und den kanadischen Patriotismus. "Wenn das Herz in diesen aufgewühlten Zeiten besonders schnell schlägt, ist es ist wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren", sagt Baerbock.
Zeichen werden in diesen Zeiten auf andere Weise gesetzt. Baerbock teilt kurze Zeit später auf X ein gemeinsames Foto mit der Außenbeauftragten der Europäischen Union, Kaja Kallas. Baerbock trägt Weiß, Kallas Rot. Die Nationalfarben Kanadas. "Wir stehen hinter euch", schreibt sie dazu. Die Aktion hatten die beiden offenbar zuvor abgesprochen. Ob das den Kanadiern reicht?
Die Tagesordnung für das zweitägige Treffen ist lang. Schließlich brennt es überall auf der Welt. Es geht um die Kriege in der Ukraine und in Gaza, Konflikte im Kongo und Haiti, die strategischen Herausforderungen im indopazifischen Raum. Am Freitagmittag kanadischer Zeit geht der Außenminister-Gipfel zu Ende. Ob es dann eine gemeinsame Abschlusserklärung geben wird? Eine Botschaft an die Welt, auf die sich die G7 noch einigen können?
Das ist offenbar noch nicht sicher. Hinter den Kulissen ist zu hören, dass es auch keine Katastrophe wäre, wenn es keine gemeinsame Abschlusserklärung gibt. Das wäre dann noch eine Parallele zu 2018.
Verwendete Quellen
- Besuch des G7-Gipels in La Malbaie/Kanada
- X-Account von Annalena Baerbock