Betten und Betreuung brauchen Flüchtlinge in Österreich am nötigsten. Der Wiener Asyl-Gipfel brachte vergangene Woche wenige Ergebnisse - SPÖ und ÖVP scheinen sich in der Debatte immer weiter zu entfernen.

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"Österreich gibt in Bezug auf die Flüchtlingsproblematik gerade ein schlechtes Beispiel ab", sagt Herbert Langthaler von der Asylkoordination Österreich. Warum Bund und Länder in Bezug auf die Flüchtlingsproblematik seit rund einem Jahr diskutieren, aber keine wirklichen Lösungen präsentieren, kann Langthaler nicht verstehen. "Österreich als eines der reichsten Länder der Welt sollte eigentlich keine Probleme damit haben 40.000 Flüchtlinge zu versorgen", sagt er.

Caritas-Wien-Generalsekretär Klaus Schwertner rechnet für das Jahr 2015 mit insgesamt etwa 70.000 Asylantragstellern. Rund 40 Prozent davon, etwa 28.000, erhalten Asyl. Das entspricht 0,35 Prozent der Bevölkerung.

Viele Gemeinden nehmen keine Flüchtlinge auf

Trotzdem scheinen Bund und Länder mit der Situation überfordert: Im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen müssen Menschen auf dem Boden im Freien schlafen, da nicht genügend Betten vorhanden sind. In Linz hausen Asylantragsteller in eine Zeltstadt. Zwei Drittel der österreichischen Gemeinden wollen gar keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. Das recherchierte der ORF-"Report". In Vorarlberg beispielsweise kommen Asylbewerber lediglich in 56 von 96 Gemeinden unter, in der Steiermark beherbergen 169 von 287 Gemeinden Flüchtlinge.

Auf dem Wiener Asyl-Gipfel eskalierten die Gespräche vergangenen Mittwoch, als Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) eine Bezirksquote forderte. Flüchtlinge sollen seiner Meinung nach gemäß der Einwohnerzahl auf die Bezirke verteilt werden. Den Vorschlag schmetterten vor allem die ÖVP-regierten Länder ab. "Eine Quote ist zwar eine Idee, aber was wir wirklich dringend brauchen sind Quartiere, wo die Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht werden können", sagt Langthaler.

Auch finanzielle Unterstützung für Hilfsorganisationen, die sich um die Betreuung unbegleiteter Minderjährige kümmern, konnten die Politiker nicht zusichern. "Es verstößt gegen alle Kinderrechtskonventionen, aber viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bekommen keine adäquate Betreuung", sagt Langthaler. Um diese gewährleisten zu können, müssten erst die Tagessätze der Flüchtlingskinder an die der einheimischen Kinder angeglichen werden. Auch der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) bestätigte gegenüber dem Nachrichtenmagazin "News" die Lage und spricht von "schändlichen Zuständen". Der Mangel an Beaufsichtigung hätte zur Folge, dass junge Asylweber, die weder lesen noch schwimmen können, alleine städtische Bäder besuchen. Niemand könne für deren Schutz garantieren.

"Endlich einmal eine Struktur schaffen"

"Die Verantwortlichen sollten weniger hysterisch diskutieren, sondern endlich einmal eine Struktur schaffen", wünscht sich Langthaler. Die Bereitschaft zu helfen wäre seitens der Bevölkerung zwar sehr groß, allerdings könne auch nicht alles auf die Schultern von ehrenamtlichen Mitarbeitern abgeladen werden. Bund und Länder nehmen die ersten Schritte nun allem Anschein nach in Angriff und stocken zunächst ihr Personal auf: Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl soll ab nächstem Jahr 125 Planstellen dazubekommen. Das Amt ist unter anderem für die Erstaufnahmestellen zuständig. Auch das für Asyleinsprüche zuständige Bundesverwaltungsgericht soll künftig 42 zusätzliche Personen beschäftigen.

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