(APA/ag) Dem niederösterreichischen Amstetten sind erneut internationale Schlagzeilen sicher: Die Stadt, Schauplatz des Inzestdramas rund um Horrorvater Josef Fritzl, führt Adolf Hitler nach wie vor als Ehrenbürger. Ein Gemeinderat der Grünen deckte den Fall anlässlich der bevorstehenden 900-Jahr-Feier der Bezirksstadt auf. Die SPÖ unter Bürgermeister Katzengruber will nun einen Dringlichkeitsantrag auf Widerruf der Ehrenbürgerschaft einbringen.

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Dass Hitler noch Ehrenbürger ist, sei auf jeden Fall seit 1996 bekannt, meinte der Grüne Gemeinderat Raphael Lueger, der die Sache am Wochenende ins Rollen gebracht hatte. Damals hatte die Stadt einen Historiker mit einer Festschrift über die Gemeinde beauftragt, in der das nachzulesen war. Da dies den Verantwortlichen aber nicht gefiel, so Lueger, sei die Schrift dann aus dem Verkehr gezogen worden.

Es gebe Rechtsgelehrte und Historiker, die der Meinung seien, dass die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod erlischt, erklärte der Bürgermeister diesbezüglich. Daran habe man sich gehalten und deswegen nicht eigens die Löschung beantragt. Mit dem heutigen Dringlichkeitsantrag - "die Begründung dafür ergibt sich eh von selbst" - wolle man endlich einen Schlussstrich unter die Sache setzen und hoffe auf "breite Zustimmung".

Hitler ist aber nicht der einzige umstrittene Ehrenbürger der Stadt. Auch Paul Scherpon, NS-Landrat und nach dem Krieg unter der SPÖ Vizebürgermeister der Gemeinde, möchten die Grünen die Ehrbezeichnung aberkennen lassen. Hier bremst Katzengruber: Es gebe zwar einen "eindeutigen" Brief, in dem sich Scherpon dahingehend äußere, dass die Juden "weg aus der Stadt und ihrer Bestimmung zugeführt werden sollen", aber es gebe auch Zeitzeugen, die der Meinung seien, dass "das zwar ungeschickt geschrieben ist, aber gar nicht so war". Man wolle daher zuvor einen Historiker mit der Durchleuchtung der Person beauftragen.

Ehrenbürgerschaft auch in Ybbs

Auch in Waidhofen a.d. Ybbs soll Hitler noch Ehrenbürger sein. An eine Aberkennung dieses Status denkt man dort aber nicht. "Wir hatten das Thema schon vor ein paar Jahren", hieß es im Magistrat. Man habe daraufhin eine Rechtsmeinung einholen lassen, derzufolge es sich bei einer Ehrenbürgerschaft um ein "höchstpersönliches Recht handelt, das mit dem Tod erlischt". Ein Widerruf sei daher rechtlich gar nicht möglich, wurde betont.

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