• Ein Rekordtempo haben SPD, Grüne und FDP bei den Koalitionsverhandlungen nicht gerade hingelegt.
  • Aber ihr Ziel, dass die erste bundesweite Ampelkoalition bis Weihnachten stehen soll, scheinen sie zu erreichen.
  • Am Mittwochnachmittag soll der Koalitionsvertrag öffentlich gemacht werden.
  • Erste Personalien und Zuständigkeiten sickern bereits durch.

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SPD, Grüne und FDP wollen am Mittwoch ihren Koalitionsvertrag für eine gemeinsame Bundesregierung vorstellen. Die drei Parteien luden übereinstimmend zu einer Pressekonferenz um 15:00 Uhr in Berlin ein. Gut acht Wochen nach der Bundestagswahl sollen damit bisher zwischen den Parteien vertraulich behandelte Details der Zusammenarbeit öffentlich werden.

Am heutigen Mittwoch kommt die Hauptverhandlungsrunde der drei Parteien zu ihrer abschließenden Sitzung zusammen. Im Anschluss stellen die Vorsitzenden der drei Parteien sowie Kanzlerkandidat Olaf Scholz den in den letzten Wochen ausverhandelten Koalitionsvertrag vor.

Die Koalitionsverhandlungen hatten am 21. Oktober begonnen, nachdem die drei Ampelparteien zuvor in Sondierungen den Grundstein dafür gelegt hatten. Geführt wurden sie in einer Hauptverhandlerrunde aus je sechs hochrangigen Vertretern jeder Partei sowie in 22 Arbeitsgruppen. In diesen handelten die Fachpolitiker der Parteien die Details des Koalitionsvertrags aus.

Erste Personalien und Zuständigkeiten sickern durch

Welche Partei bekommt welches Ministerium? Erste Personalien sickern bereits durch. In einer künftigen Ampel-Regierung soll die SPD nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zusätzlich zu Bundeskanzler Olaf Scholz sechs Ministerien bekommen, die Grünen fünf und die FDP vier. An die SPD gehen im Detail:

  • das Bundeskanzleramt
  • das Ministerium für Bauen und Wohnen
  • das Innenministerium
  • das Ministerium für Arbeit und Soziales
  • das Verteidigungsministerium
  • das Gesundheitsministerium
  • das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Vizekanzler soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge Robert Habeck von den Grünen werden, das Auswärtige Amt geht demnach an Annalena Baerbock. Außerdem werden die Grünen zukünftig für folgende Ministerien verantwortlich sein:

  • das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
  • das Umweltministerium
  • das Familienministerium
  • das Landwirtschaftsministerium

FDP-Chef Christian Lindner soll den Posten des Finanzministers übernehmen. Des Weiteren gehen an die FDP:

  • das Justizministerium
  • das Verkehrsministerium
  • das Ministerium für Bildung und Forschung

Koalitionsvertrag muss noch von Parteien bestätigt werden

Ein Koalitionsvertrag muss bei SPD und FDP jeweils durch Parteitage und bei den Grünen in einer Mitgliederbefragung gebilligt werden. In der Nikolauswoche soll der bisherige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Damit endet nach 16 Jahren die Ära von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die bei der Bundestagswahl am 26. September nicht wieder kandidiert hatte.

In einem Sondierungspapier hatten SPD, Grüne und FDP bereits einige "Vorfestlegungen" getroffen und dabei auch einige Streitthemen abgeräumt. Sie schrieben sich darin "eine umfassende Erneuerung unseres Landes" und "einen Aufbruch" für Deutschland auf die Fahnen, um die großen Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung, Sicherung des Wohlstands oder sozialen Zusammenhalt zu bewältigen.

Keine neuen Substanzsteuern - mit Rücksicht auf die FDP

Wohl mit Rücksicht auf die Wahlversprechen der FDP wurde vereinbart, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt und Steuern wie die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöht würden.

Im ersten Jahr einer Ampelkoalition soll der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden. Dies war ein zentrales Wahlversprechen der SPD. Das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen soll von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden.

Ausstieg aus Kohleverstromung soll beschleunigt werden

Zur Einhaltung der Klimaschutzziele wurde in dem Papier auch festgelegt, den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu beschleunigen und möglichst auf 2030 vorzuziehen. Bisher ist der Kohleausstieg bis spätestens 2038 geplant.

Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen, wie von den Grünen gefordert, soll nicht kommen. Zum Thema Migration wurde vereinbart, Asylverfahren, die Verfahren zur Familienzusammenführung und die Rückführungen zu beschleunigen. Es sollen legale Zugangswege nach Deutschland geschaffen werden.

Scholz könnte am 8. Dezember zum Kanzler gewählt werden

Nach dem üblichen Rhythmus von Bundestagswochen käme das Plenum in der Nikolauswoche erstmals am 8. Dezember zusammen. Sollte dann die Kanzlerwahl stattfinden, wären seit der Bundestagswahl 73 Tage vergangenen.

Zum Vergleich: Nach der Wahl 2017 dauerte die Regierungsbildung 171 Tage - so lange wie nie zuvor. Vier Jahre vorher waren es 86 Tage gewesen. Dagegen kamen die erste und die zweite rot-grüne Bundesregierung von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) 1998 und 2002 jeweils in nur 30 Tagen zustande. (jwo/ff/dpa)

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