Wie steht es um das Versammlungsrecht in 21 europäischen Ländern? Dieser Frage geht die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einem Bericht nach. Und äußert deutliche Kritik.
Amnesty International wirft Regierungen in zahlreichen europäischen Staaten vor, die Versammlungsfreiheit einzuschränken und repressiv gegen abweichende Meinungen vorzugehen.
Ihr Bericht zum Zustand des Rechts auf Protest (PDF) in 21 europäischen Ländern, darunter Deutschland, Österreich und die Schweiz, zeige "ein Muster repressiver Gesetze, unverhältnismäßiger Gewaltanwendung, willkürlicher Festnahmen und strafrechtlicher Verfolgung sowie ungerechtfertigter oder diskriminierender Einschränkungen", teilte die Menschenrechtsorganisation mit. Dieses Muster erstrecke sich über den gesamten Kontinent.
Außerdem sei ein zunehmender Einsatz invasiver Überwachungstechnologien zu beobachten, der zu "Abschreckung und Einschüchterung und damit zu einer systematischen Einschränkung des Demonstrationsrechts" führe. Nach Ansicht der Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, zeichnen die Recherchen "ein zutiefst beunruhigendes Bild eines europaweiten Angriffs auf die Versammlungsfreiheit".
Kritik an Polizeimaßnahmen und Diffamierung von Protesten
Von 2020 bis September 2023 gab es laut dem Bericht bei Protesten zahlreiche Beispiele für übermäßige oder unnötige Gewaltanwendung durch die Polizei - inklusive Vorfällen, die Folter gleichkamen. "Die Recherche ergab zudem, dass es in mindestens 13 der 21 untersuchten Länder, darunter auch Deutschland, Fälle von Straflosigkeit oder mangelnder Rechenschaftspflicht der Polizei gibt", kritisierte Amnesty.
Die Menschenrechtsorganisation bemängelte auch einen Trend zur Diffamierung von Protesten sowie eine zunehmende Darstellung von friedlichem zivilem Ungehorsam als Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. So hätten Behörden in Deutschland, Italien, Spanien und der Türkei Klimaaktivistinnen und -aktivisten als "Öko-Terroristen" oder "Kriminelle" bezeichnet. Zugleich hätten sie diese "auch mit Maßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität und unter Heranziehung terrorismusbezogener Gesetze ins Visier genommen".
Amnesty kritisiert Einschränkungen von propalästinensischen Protesten als unverhältnismäßig
Kritik übte Amnesty auch an Präventivmaßnahmen in Deutschland, Italien und dem Vereinigten Königreich. Diese ermöglichten es, "Personen von bestimmten Orten oder zukünftigen Aktivitäten auszuschließen – und in einigen Fällen sogar in Haft zu nehmen – um sie an der Teilnahme an Aktionen des zivilen Ungehorsams zu hindern".
Europaweit schränkten Behörden zudem vor allem propalästinensische Proteste ein oder verböten sie ganz. Diese Maßnahmen sind aus Sicht der Menschenrechtsorganisation oft unverhältnismäßig. (dpa/ank)
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