Jan Marsalek soll einen russischen Spionagering aus mehreren Bulgaren in Großbritannien angeleitet haben. Nun standen drei Personen vor Gericht und wurden schuldig gesprochen.

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In einem spektakulären Fall der Spionage für Russland sind in London zwei Frauen und ein Mann aus Bulgarien schuldig gesprochen worden. Sie handelten mutmaßlich im Auftrag von Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek, wie die Nachrichtenagentur PA meldete. Ihnen drohen Haftstrafen von bis zu 14 Jahren. Das Strafmaß soll noch verkündet werden.

"Das war Spionage im industriellen Stil für Russland", sagte der Anti-Terror-Chef der Londoner Polizei, Dominic Murphy. Es seien Beweismittel in dem Maße gefunden worden, wie man sie eigentlich in einem Spionageroman erwarten würde. Vor Gericht waren zudem romantische Dreiecksbeziehungen innerhalb der Spionagegruppe Thema.

Honigfalle für bekannten Russland-kritischen Journalisten

Eine der Angeklagten sollte als sogenannte Honigfalle für einen bekannten Russland-kritischen Journalisten eingesetzt werden, im Versteck des Spionagerings wurden Video- und Tonaufnahmegeräte in Alltagsgegenständen gefunden. Der Chef des Ringes sowie sein Stellvertreter hatten im vergangenen November die Spionage für Russland eingeräumt. Beide stammen ebenfalls aus Bulgarien, auch für sie steht das Strafmaß noch nicht fest. Zudem soll es Entführungspläne gegeben haben.

Marsalek soll als Vermittler zwischen dem russischen Geheimdienst und dem Anführer der Gruppe in Großbritannien gehandelt haben. Der Ex-Wirecard-Vertriebsvorstand ist seit der Pleite des ehemaligen Dax-Konzerns untergetaucht und wird in Russland vermutet. In dem Londoner Prozess war Marsalek nicht selbst angeklagt. Zitiert wurden etliche Textnachrichten, die von dem Österreicher stammen sollen.

Bedrohung für die nationale Sicherheit

Es sei eine extrem ausgeklügelte Geheimdienstoperation gewesen, die eine Bedrohung für die nationale Sicherheit und für Einzelpersonen dargestellt habe, sagte Murphy.

Wäre die Gruppe nicht verhaftet worden, hätten letztlich Menschenleben auf dem Spiel stehen können, wie es beim Nowitschok-Anschlag 2018 in Salisbury der Fall gewesen sei. Damals war der übergelaufene russische Agent Sergej Skripal mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet worden.

Spionage auch in Deutschland

Die Angeklagten im Alter von 33, 30 und 39 sollen Personen und Orte ausgespäht haben oder geplant haben das zu tun, die für Russland interessant sind. In Deutschland seien das etwa eine Luftwaffenbasis sowie eine nicht näher genannte Botschaft gewesen. Die Spione waren im Februar 2023 verhaftet worden.

Die Spionageaktivitäten sollen in London sowie in Stuttgart, Wien, Valencia und dem Balkanstaat Montenegro stattgefunden haben. Dafür hätten die Angeklagten beträchtliche Geldsummen erhalten, hatte die Staatsanwältin im Verlauf des Prozesses gesagt. Sky News zufolge wurden bei der Razzia im Versteck unter anderem 495 SIM-Karten, 221 Telefone, 258 Festplatten und 11 Drohnen gefunden worden. (dpa/bearbeitet von mbo)