- Außenminister Schallenberg (ÖVP) will weiter an den Abschiebungen nach Afghanistan festhalten.
- Afghanen, die mit europäischen Staaten zusammengearbeitet haben, solle zwar geholfen werden - Schallenberg sieht "Verbringung nach Europa" nicht als einzige Lösung.
- Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat empfiehlt unterdessen, Afghanen nicht mehr in ihre Heimat abzuschieben.
Während Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Dienstag Abschiebungen nach Afghanistan aufgrund der aktuellen Entwicklungen als "fehl am Platz" bezeichnet hat, hält Außenminister
Schallenberg zeigte sich am Dienstag verwundert, dass "in einer außenpolitischen und sicherheitspolitischen Krise erster Güte" in Österreich es nur ein Thema zu geben scheine. Man müsse in der Debatte differenzieren. Denn es werde ausgeblendet, dass viele afghanische Asylwerber gar nicht aus Afghanistan gekommen seien, sondern dazwischen vielleicht sogar Jahre in anderen Ländern gelebt hätten.
Auf die Frage nach einer Aussetzung von Abschiebungen nach Afghanistan selber meinte Schallenberg: "Man möge bitte verstehen, dass wir nicht ganz grundsätzlich in Erwägung ziehen, für alle Fälle Abschiebungen auszuschließen", sagte er. Denn wenn man erkläre, dass ein Staatsbürger aus einem bestimmten Land jedenfalls in einem Land bleiben könne, egal wie die Asylentscheidung ausfalle, "dann kann ich gleich die Genfer Flüchtlingskonvention de facto aushebeln".
Schallenberg: "Verbringung nach Europa nicht die einzige Lösung"
Zugleich sprach sich Schallenberg dafür aus, Afghanen, die in den vergangenen Jahren eng mit europäischen Staaten zusammengearbeitet haben und nun gefährdet sind, zu helfen. "Wir werden diese Menschen nicht im Stich lassen, sie waren solidarisch mit uns die letzten Jahren und jetzt dürfen wir ihnen nicht einfach den Rücken zukehren", sagte er. Jedoch sei eine Verbringung nach Europa nicht die einzige Lösung, so Schallenberg und nannte die Beschäftigung in EU-Delegationen in Nachbarstaaten von Afghanistan als Möglichkeit.
Van der
"Die aktuelle Entwicklung in Afghanistan ist erschütternd und macht tief betroffen", äußerte sich Van der Bellen. "Meine Sorge gilt besonders auch allen Frauen und Mädchen, deren elementare Rechte auf Freiheit, Berufsausübung und Bildung nun massiv gefährdet sind, sowie Angehörigen von Minderheiten." Afghanische Bürgerinnen und Bürger, die ihr Land verlassen wollen, müssten dies frei, sicher und über offene Grenzen tun können, ebenso wie Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten, die sich in Afghanistan aufhalten.
"Gleichzeitig müssen Österreich und die EU alle verbliebenen wirtschaftlichen und politischen Mittel nützen, um Einfluss auf die Taliban zu nehmen, auch wenn das gegenwärtig nicht einfach sein wird", meinte der Bundespräsident weiter.
UNO-Flüchtlingshochkommissariat: Afghanen nicht abschieben
Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) gab unterdessen eine Empfehlung heraus, Afghanen nicht mehr in ihre Heimat, abzuschieben. Die "Non-Return Advisory" schließe Asylwerber, deren Antrag abgelehnt wurde, mit ein, sagte Sprecherin Shabia Mantoo am Dienstag in Genf. Sie begrüßte die Entscheidung mehrerer europäischer Staaten wie Deutschland, Frankreich und die Niederlande, die im Gegensatz zu Österreich Abschiebungen aussetzen.
Die UNHCR-Warnung gegen Zwangsrückführungen werde solange aufrecht bleiben, bis ausreichende Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte für eine sichere und menschenwürdige Rückkehr hergestellt seien.
Kein Verständnis für die Worte Van der Bellens zeigte erwartungsgemäß FPÖ-Chef Herbert Kickl. Der Bundespräsident lobe "Österreich für Afghanen als Asyl-Land aus", konstatierte dieser in einer Aussendung. "Das ist unverantwortlich gegenüber unserer eigenen Bevölkerung und diese Aussage muss der Bundespräsident zurücknehmen", forderte der Freiheitliche daher.
Auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hält entgegen Kritik von vielen Seiten nach wie vor an Abschiebungen fest. Seinen EU-Kollegen will er in den Beratungen am Mittwoch die Einrichtung von Abschiebezentren in der Region rund um Afghanistan vorschlagen, um so die Grenzen der europäischen Menschenrechtskonvention zu umgehen. Zuvor hatte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres an die Weltgemeinschaft appelliert, afghanische Flüchtlinge aufzunehmen und Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen.
Nehammer sieht allerdings in der Lage nach der Machtübernahme durch die Taliban keine Veranlassung, Geflohenen zu helfen. "Es gibt keinen Grund warum ein Afghane jetzt nach Österreich kommen sollte", sagte er der deutschen Zeitung "Welt" vor den Beratungen der EU-Innenminister am Mittwoch. Gefragt seien die Nachbarländer Afghanistans, um Schutz und Hilfe in der Region sicherzustellen. © APA
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