RAF
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Bereits vor rund 26 Jahren erklärte sich die RAF für aufgelöst, ganz beendet ist das blutige Kapitel deutscher Zeitgeschichte trotzdem nicht: Einige mutmaßliche frühere Mitglieder befinden sich weiter auf der Flucht. Eine der Gesuchten - Daniela Klette (r.), wurde nun nach Ermittlerangaben in Berlin festgenommen. Das Handout des Bundeskriminalamts zeigt zudem Burkhard Garweg (l.) und Ernst-Volker Wilhelm Staub sowie Alterssimulationen der drei.
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Die RAF bildete sich Anfang der 1970er-Jahre aus radikalisierten ehemaligen Mitgliedern der westdeutschen Studentenbewegung. Schon Ende der 1960er-Jahre verübten spätere Mitglieder Brandanschläge - etwa auf Frankfurter Kaufhäuser (Bild).
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Sie wähnten sich in einem revolutionären Krieg gegen ein weltumspannendes kapitalistisches und imperialistisches Ausbeutungssystem und seine deutschen Repräsentanten.
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Die Frankfurter Brandstifter - Thorwald Proll, Horst Söhnlein, Andreas Baader und Gudrun Ensslin (v.l.) - wurden gefasst. Sie wurden am 31. Oktober 1968 der versuchten menschengefährdenden Brandstiftung für schuldig befunden und zu je drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Foto zeigt die vier vor der Urteilsverkündung.
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Bei dem Prozess traf sich die spätere Führungsebene der ersten RAF-Generation. Horst Mahler vertrat die Angeklagten als Rechtsanwalt, Ulrike Meinhof begleitete den Prozess als Kolumnistin. Das Bild zeigt RAF-Anwalt Horst Mahler (M.) bei seinem eigenen Prozess am 23.10.1973 mit seinen Verteidigern Otto Schily (r.) und Hans-Christian Ströbele am Kammergericht in Berlin-Moabit.
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Anleihen machten die Terroristen bei dem Konzept der sogenannten Stadtguerilla, das ursprünglich in Südamerika im Kampf gegen Militärdiktaturen entwickelt wurde. Ihr Ziel ist es, den Staat durch Anschläge gewaltsam psychologisch zu destabilisieren. Insgesamt gab es drei RAF-Generationen.
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Die führenden Köpfe der ersten RAF-Generation waren Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof. Erste Straftaten beging die RAF ab 1970.
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Darunter waren Banküberfälle und Bombenanschläge. Das Bild zeigt den Anschlag der RAF auf das Bayerische Landeskriminalamt in München am 12. Mai 1972, bei dem 60 Autos zerstört wurden.
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Ebenfalls 1972, am 24. Mai, explodierten auf dem Gelände des Hauptquartiers der US-Landstreitkräfte in Heidelberg in zwei Zivilfahrzeugen Bomben des RAF-Kommandos "15. Juli". Drei US-Soldaten wurden getötet, fünf weitere verletzt. Das Bekennerschreiben verweist auf den Vietnamkrieg.
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Mitte 1972 befinden sich Baader, Ensslin, Meinhof und weitere Mitglieder der Kommandoebene bereits in Haft. Ihnen wird in einem für diesen Zweck neu errichteten Justizkomplex in Stuttgart-Stammheim der Prozess gemacht.
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Parallel zu den Strafverfahren bildet sich aus deren Sympathisantenumfeld die sogenannte zweite Generation der RAF, die logistisch und taktisch eng mit palästinensischen Terrorgruppen aus dem Nahen Osten kooperiert. Sie entfesseln eine massive Terrorwelle, um die RAF-Gründer freizupressen.
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Anfang April 1977 erschoss die RAF Generalbundesanwalt Siegfried Buback, seinen Fahrer Wolfgang Göbel und den Leiter der Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft Georg Wurster in deren Auto. Das Attentat wurde von einem Motorrad aus begangen, die Täter sind bis heute nicht identifiziert.
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Ende Juli desselben Jahres folgte der Mord an Jürgen Ponto, damals Vorstandssprecher der Dresdner Bank und einer der wichtigsten Bankmanager Deutschlands.
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Im Herbst entführte die RAF Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer. Die Entführer schickten dieses Foto zusammen mit einem Brief am 14. Oktober 1977 an die Pariser Abendzeitung "France Soir" und die "Frankfurter Rundschau" .
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Parallel brachten verbündete palästinensische Terroristen das Lufthansa-Flugzeug "Landshut" mit 86 Passagieren in ihre Gewalt und ermordeten Kapitän Jürgen Schumann. Die Spezialeinheit GSG9 befreite die Maschine am 18. Oktober 1977 in der somalischen Hauptstadt Mogadischu.
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Schleyer wurde am 19. Oktober 1977 im Kofferraum eines Audi 100 mit deutschen Nummernschildern in der elsässischen Stadt Mühlhausen ermordet aufgefunden. Wer ihn getötet hat, ist bis heute unklar.
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Mehr oder minder zeitgleich begingen Baader und Ensslin in der Haft in Stammheim Suizid. Die Führungsfiguren der zweiten RAF-Generation tauchten zunächst im Ausland ab und wurden nach ihrer Rückkehr nach Deutschland in den folgenden Jahren aufgrund des immensen Fahndungsdrucks gefasst.
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Am 25. Juli 1978 sprengte der niedersächsische Verfassungsschutz ein Loch in die Außenmauer der Celler Justizvollzugsanstalt. Die Aktion sollte die RAF glauben machen, sie habe tatkräftige Unterstützer. Inzwischen ist das als "Celler Loch" bekannt gewordene Mauerstück Teil des Anstaltsmuseums.
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Die 1980er Jahre waren von Bombenanschlägen und weiteren Morden geprägt - diesmal ausgeübt von der dritten RAF-Generation. Der Fokus verlagerte sich wieder mehr auf Anschläge auf Vertreter des US-Militärs, Ende August 1981 explodierte vor dem US-Hauptquartier in Ramstein eine Bombe in einem geparkten Auto (Bild). 17 Menschen wurden verletzt. 1985 gab es bei einem Bombenanschlag auf eine US-Basis in Frankfurt am Main zwei Tote.
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Siemens-Vorstand Karl Heinz Beckurts wurde am 9. Juli 1986 in der Nähe von München mit einer Bombe getötet. Zu der Tat bekannte sich das RAF-"Kommando Mara Cagol", das zur dritten Generation der Terroristengruppe gehörte. Wer konkret dahintersteckte, ist noch immer ein Rätsel. Der verdächtigte Horst Ludwig Meyer wurde 1999 in Wien erschossen.
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Auf das Konto der Mörder von Beckurts geht wohl auch der tödliche Anschlag auf den Industriellen Ernst Zimmermann am 1. Februar 1985. Der Chef der Motoren- und Turbinen-Union starb gefesselt in seinem Haus nach mehreren Schüssen in den Hinterkopf. Auch hier gingen die Täterspuren ins Leere.
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Auch führende Personen aus der Wirtschaft wurden gezielt ermordet. Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen starb im November 1989 bei einem Sprengstoffanschlag auf sein Auto.
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1991 erschoss ein Scharfschütze der RAF den Chef der Treuhandanstalt, Detlev Carsten Rohwedder, in dessen Haus. Er war das letzte Anschlagsopfer der Gruppe. Die konkreten Täter und ihr Motiv sind bis heute unbekannt.
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Ein Bombenanschlag auf einen unbenutzten Gefängnisneubau ohne Verletzte im hessischen Weiterstadt am 27. März 1993 war das letzte Attentat der RAF, danach wurde es still um die Terrorgruppe.
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Mit einem achtseitigen Schreiben, in dem die RAF ihre Auflösung bekannt gab und das sie am 20. April 1998 per Post an Medien zustellte, beendete sie ihren Kampf. Das BKA bestätigte die Echtheit des Briefs. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft ermordete die RAF während ihres Bestehens 34 Menschen.
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Bei Anschlägen oder Schusswechseln bei Festnahmeversuchen starben neben den prominenteren Opfern unter anderem niederländische Grenzbeamte, deutsche Polizisten sowie Dienstwagenfahrer und eine Passantin. 26 Prozesse gegen führende Angehörige der RAF endeten mit lebenslangen Haftstrafen, der bislang letzte 1998.
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Die Fahndung nach Burkhard Garweg wird weiter intensiviert.
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Zu ihren wenigen überhaupt identifizierten Mitgliedern gehören Daniela Klette (Bild), Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub. Die drei mutmaßlichen früheren Terroristen bleiben nach der Auflösung der RAF im Untergrund und damit auch weiterhin auf den Fahndungslisten.
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Für die heute 65-jährige Klette zumindest endete die jahrelange Flucht nun am 27. Februar 2024 in Berlin: Sie wurde festgenommen. (Galerie erstellt mit Material von AFP und dpa)