• Tim hatte sein ganzes Leben noch vor sich - er wurde nur zwei Jahre alt. Der Tod des Jungen hat die Menschen erschüttert.
  • Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen einen Bekannten der Mutter und sie selbst wiegen schwer.
  • Der Kinderschutzbund appelliert an die Gesellschaft wachsam zu sein - und Hilfe anzubieten.

Mehr Panoramathemen finden Sie hier

Nach dem gewaltsamen Tod eines zwei Jahre alten Jungen beginnt am Montag (9.30 Uhr) am Landgericht Halle der Prozess. Angeklagt sind ein 30-Jähriger und die Mutter des Jungen. Dem Mann wirft die Staatsanwaltschaft schweren sexuellen Missbrauch des Kindes, Körperverletzung und Mord vor, wie ein Sprecher des Gerichts mitteilte. Die 36 Jahre alte Mutter des Zweijährigen muss sich wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und fahrlässiger Tötung verantworten.

Laut Anklage soll der 30 Jahre alte Mann den Zweijährigen aus einer sadistischen Grundeinstellung und sexuellen Motiven wiederholt gequält, missbraucht, geschlagen und getreten haben. Um die Straftaten zu verdecken, habe er das Kind getötet. Laut Obduktion starb der Junge an zahlreichen inneren sowie Kopfverletzungen.

Die Mutter hatte Tim am Morgen des 11. Juli tot im Kinderbett aufgefunden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, die Verletzungen ihres Jungen bemerkt, ihn aber nicht beschützt zu haben.

Der Tod des Kindes hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. In seinem Wohnort gab es Gedenkveranstaltungen für Tim.

Kinderschutzbund bittet um Wachsamkeit

Der Deutsche Kinderschutzbund in Sachsen-Anhalt appellierte an die Gesellschaft, wachsam zu sein und nicht wegzusehen, wenn es um Gewalt in der Familie geht. Dies sei besonders wichtig, wenn Kinder sich nicht selbst artikulieren können, allein vom Alter her noch nicht sprechen können. "Man sollte in jedem Fall seinem Bauchgefühl folgen und lieber einmal mehr als zu wenig die Menschen ansprechen, wenn man sich um das Wohl von Kindern und Familien Sorgen macht", sagte die Geschäftsführerin der Hilfsorganisation, Andrea Wegner, in Magdeburg.

Ein wichtiger Hinweis sei, möglichst ohne Wertung zu beschreiben, was man selbst gesehen oder gehört habe und danach Verständnis zu signalisieren und zum Beispiel Hilfe anzubieten. "Das ist das Schwierigste für jeden", sagte die erfahrene Kinderschützerin. Nötig sei in einer solchen Situation vor allem Empathie, Fingerspitzengefühl.

Mutter bestreitet, Verletzungen wahrgenommen zu haben

Jede Situation habe eine Ursache, gibt sie zu bedenken. "Gewalt und Übergriffe machen vor keinem Milieu halt." Daher sei es wichtig, die Menschen anzusprechen, indem man ihnen Hilfe anbietet, sie auf Angebote von Fachleuten wie Sozialpädagogen und von Organisationen und Netzwerken zum Schutz von Familien hinweist.

Zugleich warnte Wegner davor, Jugendämter in ein schlechtes Licht zu rücken. "Sie machen mehrheitlich einen sehr guten Job, doch es gibt leider keinen hundertprozentigen Schutz vor Gewalt und Übergriffen", sagte sie. "Es gibt Dinge im Leben, die kann man einfach nicht erahnen."

Der 30 Jahre alte Angeklagte, der laut den Ermittlungen zeitweise bei der Frau in Querfurt (Saalekreis) lebte, hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft geäußert. Die Mutter bestreite, die Verletzungen des Kindes wahrgenommen zu haben, teilte der Gerichtssprecher mit. Das Landgericht will mehr als 20 Zeugen befragen. Der Prozess soll bis Februar dauern.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.