Die Wetter-Prognosen haben sich insbesondere für Niederösterreich noch einmal verschlechtert. Es drohen Überschwemmungen und Murenabgänge.

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Die bis über das Wochenende vorhergesagten starken Niederschläge über Österreich haben am Freitag angehalten und die Prognosen wurden vor allem in Niederösterreich noch einmal erhöht. "Die Lage hat sich verschärft", teilte Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) nach einer Lagebesprechung mit. Geosphere Austria warnte neuerlich vor Überschwemmungen und Murenabgängen in den kommenden Tagen. Wegen Schnee und Regen waren indes Zug- und Straßenverbindungen gesperrt.

"Wir rechnen mittlerweile mit bis zu 300 Liter Niederschlag pro Quadratmeter und orkanartigen Windböen", berichtete Pernkopf. "Entlang der Donau rechnen wir mit einem zehn- bis 15-jährlichen Hochwasser, an den Zubringern kann es weit über HQ30 bis punktuell hin zu 100-jährlichen Hochwässern kommen. Die Gesamtwetterlage führt dazu, dass wir insgesamt eine flächenhaft kritische Situation für das gesamte Land haben", erläuterte er nach einer Lagebesprechung in Tulln mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sowie Experten der Landeswarnzentrale und des Landesfeuerwehrverbandes. Im Zuge der Vorbereitungen werden unter anderem mobile Hochwasserschutzanlagen aufgebaut, Sandsäcke gefüllt und Retentionsräume geschaffen. Die für nächste Woche geplante "Starnacht aus der Wachau" wurde abgesagt.

Auch in Oberösterreich liefen ebenfalls die Vorkehrungen auf das Starkregenwochenende. In Linz, Steyr und Mauthausen wird der mobile Hochwasserschutz aufgebaut. Die größere Gefahr dürfte aber von lokalen Überflutungen ausgehen. Positiv: Weil der Niederschlag oberhalb von 800 Metern Seehöhe als Schnee fällt, wird er dort vorerst nicht abflusswirksam, wie es hieß. Im Bezirk Steyr-Land forderte der Regen einen Verletzten: Ein 71-Jähriger kam Freitagfrüh mit seinem Auto auf einem aufgeweichten Karrenweg in Großraming von der Fahrbahn ab, rutschte etwa 100 Meter eine abschüssige Wiese hinunter und prallte gegen einen Baum.

Karte: Unwetterwarnungen für Deutschland, Österreich, Ungarn, Tschechien und Polen vor Überflutungen
© dpa-infografik GmbH

Wo es am meisten regnet

Am Freitag und am Samstag regnet es laut Geosphere Austria am meisten im Gebiet von Wien, Niederösterreich und dem Burgenland über Oberösterreich, den Großteil von Salzburg und der Obersteiermark bis zum Tiroler Unterland. Am Sonntag klingt nach aktuellem Stand der Prognose der Regen im Westen Österreichs ab, während es im Norden und Osten weiter regnet, zeitweise auch stark. Am Montag liegt der Schwerpunkt des Regens im Gebiet von Wien und Eisenstadt bis Salzburg. Entspannung ist erst am Dienstag in Sicht.

In Summe kommen nach Angaben der Meteorologen von Freitag bis Dienstag im Großteil Österreichs verbreitet 100 bis 200 Millimeter Regen zusammen. Ein Millimeter entspricht einem Liter pro Quadratmeter. Stellenweise sind es auch um die 300 Millimeter und mehr, besonders im Berg- und Hügelland von Nieder- und Oberösterreich. In höhergelegenen Regionen Österreichs kann es zu Schneebruch mit Problemen auf Verkehrswegen und bei Stromverbindungen kommen, betonte Geosphere Austria zusätzlich zur Warnung vor lokalen Überflutungen und Murenabgängen. Die Wetterlage sei der Klimaerwärmung geschuldet. Derartige Regenmengen sind zudem sehr ungewöhnlich, erläuterte Klimatologe Alexander Orlik

Die Zugverbindung zwischen Bad Hofgastein und Bad Gastein in Salzburg wurde in der Nacht auf Freitag gesperrt. "Nach den Schneefällen in der Nacht müssen von den Einsatzteams auf einer Länge von rund acht Kilometern Bäume aus dem Nahbereich der Oberleitung entfernt werden. Aufgrund der schweren Schneelast ragen die Bäume in den Gleisbereich", informierten die ÖBB. Zwischen Friedberg in der Steiermark und Aspang Markt waren wegen eines Murenabganges keine Fahrten möglich. In beiden Fällen wurde ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Die Fahrgäste mussten jedoch deutlich mehr Reisezeit einplanen. Auch in Oberösterreich stellen die ÖBB einige Zuglinien auf Schienenersatzverkehr um.

Reisewarnung der ÖBB

Die ÖBB hatten bereits am Donnerstag österreichweit eine wetterbedingte Reisewarnung von Freitagfrüh bis voraussichtlich Sonntagabend ausgesprochen und empfohlen, nicht dringende Reisen innerhalb dieses Zeitraums zu verschieben. Die Zugbindung bei allen nationalen, internationalen und Nachtzugtickets sei aufgehoben und diese ab sofort bis inklusive Mittwoch (18. September) gültig.

Schnee und Regen sowie umgestürzte Bäume führten zu mehreren Straßensperren. In der Früh konnten die meisten Verbindungen, die wegen hängengebliebener Fahrzeuge zwischenzeitlich blockiert waren, wieder freigemacht werden, informierte der ÖAMTC. Schneekettenpflichten wurden vor allem in Kärnten, Salzburg, der Steiermark und Niederösterreich verhängt. Der ÖAMTC und weitere Organisationen hatten dazu aufgerufen, in den kommenden Tagen auf nicht notwendige Autofahrten zu verzichten.

Das traditionelle "Aufsteirern" in der Grazer Innenstadt am Wochenende, bei dem jedes Jahr um die 100.000 Besucherinnen und Besucher erwartet werden, wurde am Freitag von den Veranstaltern wegen der unsicheren Wetterlage und Gefahr im Verzug abgesagt. Schnee und Regen sorgten in der Steiermark für zahlreiche Probleme, vor allem auf den höhergelegenen Bergstraßen. Da noch keine Winterreifenpflicht gilt, wurden Verkehrsteilnehmer trotz der Vorhersagen von Schneefahrbahnen überrascht beispielsweise am Schanzsattel in Fischbach, wo die Feuerwehr für Bergungen ausrücken musste.

Im Bundesland Salzburg sorgte der Dauerregen, mehr aber noch der Schneefall in höheren Lagen, von Donnerstagnachmittag bis Freitagfrüh für erste Feuerwehreinsätze. Im Pinzgau und Pongau wurden laut Landesfeuerwehrkommando bis 6:00 Uhr nicht ganz zwei Dutzend Ausrückungen verzeichnet. Zehn Feuerwehren mit rund 100 Einsatzkräften waren etwa damit beschäftigt, von der Straße gerutschte Fahrzeuge zu bergen oder Folgen von Baumbruch zu beseitigen. In Oberösterreich liefen die Vorbereitungen auf das Starkregenwochenende, das vor allem den Süden des Bundeslandes treffen dürfte. Schnee in höheren Lagen könnte die Hochwassergefahr dämpfen, weil dieser vorerst nicht abflusswirksam wird, wie es hieß.

Baum auf Postauto gestürzt

Im Burgenland haben die starken Sturmböen für zahlreiche Einsätze der Feuerwehren gesorgt. In Purbach (Bezirk Eisenstadt Umgebung) stürzte mitten im Stadtzentrum ein riesiger Baum auf ein Postauto. Der Zusteller befand sich glücklicherweise gerade nicht im Fahrzeug, er blieb unverletzt. Mittags waren noch zwölf Feuerwehrmänner mit der Beseitigung des Baumes beschäftigt, erklärte ein Sprecher des Bezirksfeuerwehrkommandos.

Die DDSG Blue Danube stellt aufgrund der extremen Wetterverhältnisse und dem zu erwartenden Anstieg des Flusspegels der Donau in den nächsten Tagen den Linienschiffverkehr ein. In Wien wird der Linienverkehr etwa von Samstag bis Montag ausgesetzt, hieß es in einer Aussendung. In der Wachau finden am Sonntag und am Montag keine Linienfahrten statt.

Der Donaukraftwerke-Betreiber Verbund bereitete sich laut einer Aussendung ebenfalls auf die erwarteten Niederschläge vor. Um die Kraftwerke vor Ort steuern zu können, sind alle Warten rund um die Uhr mit Personal besetzt. Entsprechend der behördlich vorgeschriebenen Wehrbetriebs-Ordnung werde das Wasser über die Wehrfelder abgeleitet. Flusskraftwerke haben keine Speicher, um Hochwasser zurückzuhalten, wurde erläutert. Um Stau von Treibgut zu verhindern, müsse zudem rund um die Uhr Treibholz vor dem Turbinenlauf entfernt werden.

Angesichts des tagelangen Dauerregens bangen viele Bauern um ihre noch nicht eingeholte Ernte. Die Starkniederschläge können Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen verursachen, vor allem an Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais, Sojabohnen und Kürbis, hieß es von der Hagelversicherung auf APA-Anfrage. Durch Sturmböen seien zudem Glas- und Folienhäuser sowie Hagelschutznetze gefährdet. Im laufenden Jahr führten extreme Wetterbedingungen laut Hagelversicherung bis Anfang September zu einem Gesamtschaden von 250 Millionen Euro in der Landwirtschaft, davon 150 Millionen Euro aufgrund der Dürre und 100 Millionen durch Frost, Hagel, Sturm und Überschwemmung. (APA/bearbeitet von tas)

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