Erst vor ein paar Tagen haben wieder Hunderttausende junge Menschen mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderwärmung gefordert. Nun beraten fast alle Regierungen der Erde darüber, auf der Weltklimakonferenz in Madrid. Finden sie Antworten auf die Schicksalsfrage Klimaschutz?
In Madrid hat am 2. Dezember die 25. Weltklimakonferenz begonnen, aber das Jubiläum mag dort niemand feiern. Wetterextreme haben in diesem Jahr drastisch vor Augen geführt, was der Menschheit blüht, wenn die Erderwärmung nicht eingedämmt wird: Mehr gigantische Wirbelstürme wie über Ostafrika, verheerende Waldbrände wie in den USA und Australien und weiter dramatisch schwindende Eismassen an den Polen und in den Gletschergebieten. Wo steht die Welt in Sachen Klimaschutz? Die Fragen und Antworten.
Worum geht es bei der Klimakonferenz in Madrid?
UN-Generalsekretär Antonio Guterres erwartet, dass die einzelnen Staaten bis spätestens nächstes Jahr ihre Klimaschutzzusagen kräftig nachbessern. Bis jetzt sind sie nämlich bei Weitem nicht ehrgeizig genug, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Es kann also sein, dass es in dieser Hinsicht Neuigkeiten gibt und Staaten ihre Klimaschutzpläne nachschärfen.
Außerdem geht es um ein Thema, das beim vorangegangenen Klimagipfel im polnischen Kattowitz (Katowice) liegengeblieben ist: den Handel mit Klimaschutz. Strittig sind nämlich die genauen Regeln, wer sich welche Emissionsminderungen anrechnen darf. Aus Sicht von Klimaschützern muss verhindert werden, dass sich Staaten ihre Einsparungen selbst gutschreiben, diese dann aber auch noch an Drittstaaten verkaufen.
Ist die Lage wirklich so düster?
Laut Untersuchungen von Klimaforschern ja, denn trotz aller Anstrengungen beschleunigt sich die Erderwärmung zurzeit sogar noch. Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden des Weltklimarats um ein Grad aufgeheizt im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Und die vergangenen vier Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Zu den Folgen zählen mehr extreme Wetterereignisse, also je nach Region mehr Hitzewellen, Dürren und Waldbrände, aber auch Stürme, Überschwemmungen und Starkregen. Und das ist erst der Anfang: Geht es weiter wie bisher, läge der Temperaturanstieg Ende des Jahrhunderts bei 3,4 bis 3,9 Grad, wie das UN-Umweltprogramm Unep dieser Tage vorgerechnet hat. Angestrebt werden aber maximal 1,5 Grad, um die gefährlichsten Kipppunkte im Ökosystem zu umschiffen.
Der Weltklimarat IPCC, unter dessen Dach Hunderte Forscher kooperieren, geht davon aus, dass bei einem ungebremsten Klimawandel die Meeresspiegel schon bis Ende des Jahrhunderts um mehr als einen Meter steigen könnten. In einem dramatischen Appell haben daher Anfang November 11.000 Wissenschaftler aus mehr als 150 Staaten gewarnt, "unsägliches menschliches Leid" sei nicht abzuwenden, wenn die Menschheit nicht schnell gegensteuere und deutlich weniger klimaschädliches Treibhausgas in die Luft blase.
Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres wählte während der Eröffnungszeremonie in Madrid dramatische Worte. "Wenn wir nicht schnell unseren Lebensstil ändern, gefährden wir das Leben an sich", warnte er zur Eröffnung der zweiwöchigen Konferenz, an der Delegationen aus knapp 200 Ländern teilnehmen.
Schon kurzfristig drohen nämlich vielerorts Wasserknappheit und Ernteausfälle, mit Konsequenzen wie Hungersnöten und massiven Fluchtbewegungen. Im Juni warnte auch Philip Alston, der UN-Sonderberichterstatter zu extremer Armut und Menschenrechten, vor dem Szenario einer "Klima-Apartheid", in dem die Reichen zahlen, um vor Hitze, Hunger und Konflikten zu flüchten und der Rest der Welt zurückgelassen wird - und leidet.
Der neue EU-Ratsvorsitzende, der Belgier Charles Michel, sagte, die Menschheit erleide zurzeit den Klimanotstand. Die Ressourcen des Planeten seien über Gebühr ausgebeutet worden. "Wir haben den Planten in die Knie gezwungen", sagte er.
Die jüngsten Aufrufe erinnern an die Warnung der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg, die vor Jahresfrist sagte, Erwachsene sollten nun in Panik geraten angesichts der existenzbedrohenden Klimakrise.
Was tut die Welt gegen die drohende Klimakatastrophe?
Das 2015 geschlossene Klimaabkommen von Paris wurde als historischer Durchbruch gefeiert. Mehr als 190 Staaten setzen sich darin zum Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 bis maximal 2 Grad zu begrenzen. Aktuell herrscht aber Katerstimmung, denn nach einer neuen Untersuchung sind zwei Drittel der inzwischen rund 180 vorgelegten staatlichen Aktionspläne ungeeignet, die Erderhitzung auch nur zu bremsen.
Auch in diesem Jahr dürfte der weltweite CO2-Ausstoß erneut steigen. Und die Internationale Energie-Agentur (IAE) erwartet, dass er auch bis 2040 nicht etwa sinkt, sondern noch um zehn Prozent steigen dürfte. Eigentlich nötig wäre nach dem Pariser Abkommen aber eine Minderung um fast 50 Prozent. Ein Beispiel für das Schneckentempo: Zwar haben einige Industriestaaten einen Ausstieg aus der Kohle angekündigt, doch beziehen die Staaten der G20 noch immer mehr als 80 Prozent ihrer Energie aus Kohle, Öl und Gas. Weltweit sind trotz des Ausbaus der Erneuerbaren immer noch Zehntausende Kohlekraftwerke in Betrieb, und 1.400 neue sind in der Planung oder im Bau. (mgb/dpa)
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