Im Verfahren um Jérôme Boateng verzichtet die Staatsanwaltschaft München I auf eine Revision. Das teilte die Anklagebehörde am Montag "nach eingehender Prüfung" mit - allerdings mit erheblichen Restzweifeln.
Im Körperverletzungsverfahren gegen Fußballweltmeister
"Zwar sind wir nach wie vor nicht von der Richtigkeit des Urteils überzeugt, insbesondere sind wir der Auffassung, dass die Begründung lediglich einer Vorbehaltsstrafe unrichtig ist und eine Revision wohl erfolgreich darauf gestützt werden könnte", hieß es in einer Erklärung.
Das Landgericht hatte Boateng im Juli der Körperverletzung an seiner früheren Lebensgefährtin schuldig gesprochen, ihn aber nur verwarnt. Boateng bekam eine Geldstrafe unter Vorbehalt. Dies ist wie eine Geldstrafe auf Bewährung zu verstehen, nur im Fall eines neuen Vergehens müsste Boateng zahlen.
Boateng muss 100.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen
Boateng muss insgesamt 100.000 Euro an gemeinnützige Organisationen zahlen. Sollte er gegen die Auflage verstoßen, muss er demnach eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5.000 Euro, insgesamt also 200.000 Euro, zahlen. Die Richterin sagte, von dem Vorwurf des "notorischen Frauenschlägers" gegen den 35 Jahre alten Fußballer sei in dem Verfahren nichts übrig geblieben.
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Das Gericht blieb damit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die 1,12 Millionen Euro Geldstrafe gefordert hatte. Boatengs Verteidigung hatte höchstens eine moderate Geldstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung oder die Einstellung gegen eine Geldauflage gefordert. Es war bereits die dritte Neuauflage des Verfahrens gewesen.
Gegen das Urteil legte die Staatsanwaltschaft zunächst Revision zum Bayerischen Obersten Landesgericht in München ein, nahm sie aber am Montag "nach eingehender Prüfung" zurück.
Staatsanwaltschaft sah Strafe geboten
Zwar ist die Anklagebehörde nach wie vor nicht von der Richtigkeit des Urteils überzeugt, wie sie betonte. Sie sieht vor allem einen Rechtsfehler in der Begründung des Gerichts, dass die Verteidigung der Rechtsordnung hier keine Verurteilung zu einer Strafe gebiete. In Fällen häuslicher Gewalt sei das ausdrücklich anders, erklärte die Staatsanwaltschaft ihre Sicht.
Unter Berücksichtigung der Interessen der Frau und ihrer Kinder sei ein längeres Verfahren aber kaum mehr zumutbar. Die Staatsanwaltschaft ermutigte alle Opfer häuslicher Gewalt, "sich vertrauensvoll an die Ermittlungsbehörden zu wenden".
Der Prozess drehte sich um den Vorwurf einer Attacke Boatengs in einem Karibikurlaub mit der Mutter seiner 13 Jahre alten Zwillinge vor sechs Jahren. Das Verfahren gegen den Fußballprofi zieht sich schon Jahre hin. Das Amtsgericht München hatte bereits im Jahr 2021 eine Geldstrafe gegen Boateng verhängt: 60 Tagessätze zu je 30.000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro.
Das Landgericht München I verurteilte Boateng im Oktober 2022 in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro - insgesamt 1,2 Millionen Euro. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil unter anderem wegen durchgehender Rechtsfehler - darum war der Fall vor dem Landgericht München I erneut aufgerollt worden.
Innenverteidiger Boateng hatte 2014 mit der deutschen Nationalmannschaft den WM-Titel gewonnen, seit diesem Sommer spielt er in Österreich beim Linzer ASK. (AFP/dpa/bearbeitet von ank)
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