• Nach dem Tod ihrer Eltern soll die Tochter von der Ex-Vermieterin die Kaution zurückbekommen – als Aktien im Wert von mehr als hunderttausend Euro.
  • Die damals hinterlegten 800 Mark seien nicht ausreichend, entschied ein Gericht in Köln.
  • Laut Mietvertrag durfte der Vermieter das Geld in Aktien anlegen, was er auch tat.

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Nach dem Tod ihrer Eltern in Köln soll die Tochter von der früheren Vermieterin nun die Kaution zurückbekommen – und zwar Aktien im Wert von mehr als hunderttausend Euro. Die Vermieterin könne sie nicht mit den einst als Mietsicherheit hinterlegten 800 Mark abspeisen, entschied das Amtsgericht Köln in einem am Dienstag bekanntgegebenen Urteil. Gegenteilige Vereinbarungen im Mietvertrag seien nichtig. (Az: 203 C 199/21)

Im Streitfall hatten die inzwischen verstorbenen Eltern der Klägerin im Jahr 1960 bei einer Wohnungsgesellschaft im rechtsrheinischen Köln eine Wohnung gemietet. Sie zahlten eine sogenannte Mietsicherheit in Höhe von 800 Mark. Laut Mietvertrag durfte der Vermieter das Geld in Aktien anlegen, was er auch tat.

Kaution als Aktie angelegt: Aus 800 Mark wurden mehr als 100.000 Euro

Nach Beendigung sollte der Vermieter die Aktien herausgeben, war aber auch berechtigt, stattdessen "den Nominalbetrag von 800 DM auszuzahlen". Im Jahr 2005 zogen die Eltern in eine andere Wohnung der Wohnungsgesellschaft um. Die Mietsicherheit wurde in eine Kaution von nunmehr 409 Euro "übertragen". Der Treuhänder, der die Aktien verwaltete, zahlte nun auch die Dividenden aus – von 2005 bis 2017 fast 6000 Euro.

Als im Jahr 2018 der Mietvertrag endete, erinnerte sich die Wohnungsgesellschaft an die Wahlklausel im Mietvertrag und zahlte 409 Euro zurück. Demgegenüber verlangt die Tochter als Erbin die Herausgabe der Aktien. Diese haben inzwischen einen Wert von mehr als hunderttausend Euro. Das Amtsgericht Köln gab nun der Klage der Tochter statt. Laut Gesetz stehe die Mietsicherheit "unabhängig von der gewählten Anlageform dem Mieter zu". Davon abweichende Vereinbarungen seien unwirksam.

Gericht: Wahlfreiheit des Vermieters nicht zulässig

Bis zum Jahr 2001 musste die Mietkaution allerdings immer auf einem Sparbuch angelegt werden. Erst seitdem ist es gesetzlich zulässig, dass Mieter und Vermieter "eine andere Anlageform vereinbaren". Hier sei eine Anlage der Mietsicherheit in Aktien im Jahr 1960 noch gar nicht zulässig gewesen. Im Jahr 2005 sei die Kaution aber auf den neuen Vertrag und damit auch in das neue Recht überführt worden.

Eine Wahlfreiheit des Vermieters, die Kaution in Geld oder in Form der Aktien zurückzugeben, sei danach aber nicht zulässig, betonte das Amtsgericht. Andernfalls könnten die Vermieter Rosinenpickerei betreiben und etwaige Kursverluste durch Herausgabe der Aktien auf die Mieter abwälzen. (AFP/okb)

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