- Für 2020 reicht ein "Unwort des Jahres" offenbar nicht aus.
- Die Jury der sprachkritischen Aktion hat ein Unwörter-Paar ausgewählt.
- Nur eines von beiden hat mit Corona zu tun.
Die Jury der sprachkritischen Aktion in Darmstadt hat für das Jahr 2020 ein Unwörter-Paar gekürt. Die "Unwörter des Jahres" sind "Corona-Diktatur" und "Rückführungspatenschaften", wie die Jury am Dienstag mitteilte.
Das vergangene Jahr sei in bisher kaum gekannter Weise von einem einzigen Thema geprägt worden, teilte die Jury zur Begründung mit. Mit der Wahl eines Unwort-Paares nehme man darauf Rücksicht, dass die Pandemie in der Öffentlichkeit, wie auch in den Vorschlägen dominiert habe.
Sie mache aber zugleich darauf aufmerksam, dass auch in anderen Themenbereichen inhumane und unangemessene Wörter geprägt und verwendet wurden.
"Rückführungspatenschaften" ist nach Ansicht der Experten ein zynisches und beschönigendes Wort
"Rückführungspatenschaften" sei ein Begriff der EU-Kommission, mit dem neue Mechanismen der Migrationspolitik bezeichnet wurden. Das Wort sei zynisch und beschönigend. Mit Rückführung sei nichts anderes gemeint als Abschiebung und die Patenschaft sei ein eigentlich positiv besetzter Begriff.
Der Begriff der "Corona-Diktatur" sei seit Beginn des öffentlichen Diskurses in der Pandemie von selbst ernannten "Querdenkern" und rechten Propagandisten gebraucht worden, um regierungspolitische Maßnahmen zur Eindämmung zu diskreditieren.
Die Jury besteht aus Sprachwissenschaftlerinnen und Publizisten. Es ist das erste Mal, dass gleich zwei Unwörter gewählt werden. Üblicherweise vergibt das Expertengremium den Negativtitel lediglich an einen Begriff.
Beherrschendes Thema der Unwort-Einsendungen war die Corona-Pandemie
Bis zum 31. Dezember waren 1.826 Einsendungen mit 625 verschiedenen Vorschlägen eingegangen, wie eine Sprecherin vorab mitteilte. Dominierendes Thema sei die Corona-Pandemie gewesen.
"Absonderung", "Systemling", "Wirrologen" oder "Grippchen", waren unter anderem nach Angaben der Jury zum Thema Corona-Pandemie eingegangen. Am häufigsten seien aber "systemrelevant" (180) und "Querdenker" (116) zum fast alles beherrschenden Thema des Jahres 2020 vorgeschlagen worden.
Es gab aber auch Vorschläge aus anderen Themengebieten. So seien im Zusammenhang mit Migration "Abschiebepatenschaft", "Ankerkinder" oder "Migrationsabwehr" vorgeschlagen worden.
Sprachkritische Aktion macht auf unangemessenen Gebrauch von Worten aufmerksam
Die sprachkritische Aktion "Unwort des Jahres" möchte mit ihrer alljährlichen Aktion auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen und so sensibilisieren.
Dabei werden Wörter gerügt, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistische, verschleiernde oder irreführende Formulierungen sind. Reine Schimpfwörter zählen nicht.
Vorschläge müssen eines der Kriterien erfüllen. Die Jury richtet sich nicht nach der Menge der Vorschläge für ein einzelnes Wort. Das "Unwort des Jahres" wird seit 1991 gekürt. Im vergangenen Jahr war es "Klimahysterie". (dpa/afp/ank)
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