Bei einem islamistischen Messerangriff auf Fußgänger im österreichischen Villach sind ein Jugendlicher getötet und weitere Menschen verletzt worden. Nun hat die Polizei U-Haft für den Täter beantragt.

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Nach dem Terroranschlag in Villach, bei dem am Samstag ein 23-jähriger Syrer einen 14-Jährigen getötet und fünf Personen teils schwer verletzt hat, hat die Staatsanwaltschaft U-Haft für den Täter beantragt. Es war geplant, dass er um die Mittagszeit von Villach in die Justizanstalt Klagenfurt überstellt wird, so die Behörden zur APA. Drei Schwerverletzte werden nach wie vor auf der Intensivstation behandelt. Ihr Zustand ist stabil, teilte der Krankenhausbetreiber Kabeg mit.

Der 23-Jährige hatte am Samstagnachmittag mit einem Messer in der Villacher Innenstadt wahllos auf Passanten eingestochen. Ein beherzter Essenszusteller - er stammt ebenso wie der Täter aus Syrien - fuhr den Täter mit seinem Auto an, woraufhin dieser das Messer fallen ließ und festgenommen werden konnte.

"Ich habe keine Zeit zum Nachdenken gehabt, ich habe gesehen, er hat ein Messer und habe gewusst, was los ist", sagte der 42-Jährige gegenüber Medien. Sein Einschreiten wurde allerdings in den ersten Sekunden missverstanden – Passanten glaubten, dass es sich auch bei ihm um einen Attentäter handelte und schlugen auf sein Auto ein.

Weitere Details zu Anschlag in Villach bekannt

Unterdessen gelangen immer mehr Details ans Tageslicht. So hatte sich der 23-Jährige wohl binnen weniger Wochen über das Internet radikalisiert. In seiner Wohnung hatte er IS-Fahnen an der Wand. Die Tatwaffe, ein Klappmesser mit einer zehn Zentimeter langen Klinge, hatte er sich erst drei Tage vor der Tat gekauft, berichteten die "Salzburger Nachrichten".

Die Ermittler bekräftigen am Montag, dass der Verdächtige zuvor weder in Österreich noch in Deutschland strafrechtlich belangt worden ist und somit nicht polizeibekannt war. Allerdings hat er im Jahr 2024 in Deutschland - dorthin hat er laut Informationen aus dem Innenministerium familiäre Bezüge - eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen verbüßt. Grund war eine nach dem Verwaltungsrecht verhängte, nicht bezahlte Geldstrafe nach einer Urkundenfälschung auf dem Jahr 2021, weil er einen gefälschten Ausweis verwendet hatte. Verwaltungsstrafen führen nicht zu einer polizeilichen Vormerkung.

Angst vor Einzug zum Militär als Asylgrund

Der 23-Jährige war 2019 nach Österreich gekommen. Sein Asylansuchen begründete er mit Angst, dass er in seiner syrischen Heimat zum Militär eingezogen würde und dann Kriegsverbrechen begehen müsste, erfuhr die APA. Wie es von der Staatsanwaltschaft hieß, hatte der Mann im September 2020 in Wien Asyl beantragt. Nach seiner Ankunft in Österreich habe er auch in Deutschland um Asyl angesucht, er wurde von dort aber nach Österreich zurückgeschickt.

Seit Jänner 2021 hat er Asyl-Status in Österreich, teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am Montag mit. Dem BFA waren bisher laut eigenem Bekunden keine kriminalpolizeilichen Anzeigen oder strafrechtlichen Verurteilungen durch österreichischen Behörden bekannt. Auch die europaweiten Datenbanken hätten keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass der Syrer in einem anderen EU-Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt hätte oder straffällig geworden wäre. Daher wurde das Verfahren in Österreich durchgeführt.

Dass er anerkannt wurde, ist keine große Überraschung. 2021 wurden knapp 78 Prozent der Asylansuchen von Syrern positiv beschieden, zeigt die entsprechende Statistik. Noch am Tag des Anschlags wurde ein Aberkennungsverfahren gegen den Mann eingeleitet

In Villach arbeitete der 23-Jährige laut eigenen Angaben als Zeitungsverkäufer. Er wohnte hier gemeinsam mit zwei anderen Männern in einer Wohngemeinschaft. "Diese wurden natürlich einvernommen und überprüft, sie sind aber unauffällig", sagte Staatsanwaltschaftssprecher Markus Kitz auf APA-Anfrage. Den Mitbewohnern, aber auch Familienmitgliedern fiel auf, dass sich der Syrer in letzter Zeit immer mehr zurückgezogen und mit so gut wie niemandem mehr Kontakt hatte.

Bisher keine Online-Kontakte zu anderen IS-Anhängern nachgewiesen

Der 23-Jährige hatte sich binnen weniger Wochen über TikTok radikalisiert. Bei einer ersten, oberflächliche Sichtung seines Handys fand sich Propagandamaterial der Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS). Der Syrer hatte auch ein Video mit einer "Beitrittserklärung" zum IS aufgenommen und am Gerät abgespeichert, aber nicht abgeschickt. Nach APA-Informationen sah sein Tatplan vor, so lange auf Menschen einzustechen, bis er von der Polizei erschossen wurde. Danach - so sein Vorhaben - sollte die Polizei das Video weiterleiten. Online-Kontakte zu anderen IS-Anhängern oder einschlägigen Chat-Gruppen waren bei der oberflächlichen Durchschau des Handys nicht ersichtlich. Es bleibt abzuwarten, ob eine genaue Auswertung der Handy-Daten weitere Erkenntnisse liefert.

Auf die Frage, weshalb er ausschließlich auf Männer losgegangen sei, soll der 23-Jährige in seiner Einvernahme erklärt haben, der IS verbiete Gewalt gegen Frauen und alte Leute. Daran habe er sich gehalten.

Menschen trauern am Tatort des Messerattentats in Villach am Sonntag, 16. Februar 2025. © picture alliance / GERD EGGENBERGER / APA / picturedesk.com/GERD EGGENBERGER

Keine Hinweise auf Mitwisser

Der Mann gilt nach aktuellem Ermittlungsstand als Einzeltäter. Seine Absicht war es, "Männer im wehrfähigen Alter" zu töten, wie er nach APA-Informationen nach seiner Festnahme angab. Hinweise auf mögliche Mitwisser liegen gegenwärtig nicht vor.

Es gibt auch keine Indizien, die für eine psychische Erkrankung und damit mögliche Zurechnungsunfähigkeit des Syrers sprechen. "Er hat bei seiner polizeilichen Einvernahme die an ihn gerichteten Fragen sehr klar und verständlich beantwortet", meinte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Markus Kitz, dazu gegenüber der APA. Von einem Schuldausschließungsgrund sei daher im derzeitigen Ermittlungsstadium nicht auszugehen. Auch die beiden Mitbewohner des Mannes hätten keine dahin deutenden Wahrnehmungen gemacht. Dessen ungeachtet lässt die Staatsanwaltschaft ein psychiatrisches Gutachten einholen, um Einblicke in das Seelenleben des Mannes zu bekommen. Bei vorsätzlichen Tötungsdelikten ist die Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen zur Begutachtung von Tatverdächtigen durchaus üblich.

Bürgerwehr in Villach angedacht

Am Villacher Hauptplatz haben am Sonntag hunderte Menschen Kerzen angezündet und getrauert. Unterdessen gingen auch die Emotionen hoch. So berichtet die "Kleine Zeitung" von Überlegungen, dass in Villach eine Bürgerwehr gegründet werden soll. Bei der Polizei hält man wenig von dieser Idee: "Wir sind darauf angewiesen, dass die Bevölkerung mit uns zusammenarbeitet und freuen uns über jede positive Form der Kooperation. Aber eine Bürgerwehr wäre kontraproduktiv, die Sicherheit wird durch die Polizei gewährleistet", sagte Polizeisprecher Rainer Dionisio. Man befürworte die Einrichtung einer Bürgerwehr "in keiner Weise".

Unterdessen ist für Montagabend eine Trauer-Kundgebung am Neuen Platz in Klagenfurt geplant. "Senden wir alle gemeinsam ein Signal in die Draustadt! Wir dürfen uns unseren Zusammenhalt von solchen Verbrechern niemals nehmen lassen. Für unsere offene Gesellschaft und gegen den radikal-islamistischen Terror", schrieb der Initiator, Vizebürgermeister Ronald Rabitsch (SPÖ), auf Facebook. (APA/bearbeitet von lag)

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