Die gute Nachricht: Derzeit ist Österreich kein primäres Anschlagsziel für Terroristen. Die schlechte: Unser Land dient als Drehscheibe für Al-Kaida und verbündete Organisationen.

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Allein in Syrien sind seit Beginn des Bürgerkriegs rund 20 "Austro-Taliban" getötet worden. Dort sehen viele Extremisten die Chance, sich zu beweisen, wie es ihre Ideologie verlangt. Die Zahl der radikalen Islamisten nimmt zu; auch in Österreich steigt die Terrorgefahr. Zu diesem Ergebnis kommen Experten auf einer Fachtagung des Austrian Center for Law Enforcement Sciences (ALES) der Universität Wien.

Anschläge wie das Bombenattentat von Boston oder die "Hinrichtung" eines britischen Soldaten auf offener Straße in London seien hierzulande zwar nicht auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich, glauben die Experten. Nach Ansicht von Wolfgang Würz hat die Republik in den vergangenen Jahren einen zweifelhaften Ruf als Drehscheibe für Terrororganisationen erlangt. Bis vor einem Jahr leitete der 59-Jährige die Abteilung "Internationaler islamistischer Terrorismus" des deutschen Bundeskriminalamts (BKA).

Würz beruft sich auf Auslandsanalysen des BKA und des deutschen Verfassungsschutzes. Diese belegen demnach die "Existenz islamistisch-terroristischer Täter- und Unterstützerstrukturen in Österreich". Das wichtigste Kampfmittel sei immer noch das Internet.

Innerhalb des Schengen-Raums seien solche Gruppen gut vernetzt - etwa Gleichgesinnte des in der Türkei inhaftierten Wiener Salafisten Mohammed Mahmoud. Dieser hatte in der Hauptstadt eine radikale Jugendorganisation gegründet und nach seiner Haftentlassung in Deutschland weitergewerkelt. "Österreich ist ein Ruhe- und Rückzugsraum", erklärte Würz. Deshalb dürfe man die Bedeutung der Republik nicht unterschätzen.

Terrorgefahr steigt

Schon die gemeinsame Sprache mache Österreich mit Deutschland aus Sicht von Al-Kaida zu einem Angriffsziel. "Aus deutscher Sicht kann ich das leider nur mit einem eindeutigen Ja beantworten", wird Würz vom "Kurier" zitiert. Peter Gridling, Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz, schlug in dieselbe Kerbe: "Wir haben schon lange darauf hingewiesen, dass kein Unterschied zwischen beiden Ländern gemacht wird."

Gridling zufolge liegt die Zahl der gewaltbereiten Islamisten in Österreich im zweistelligen Bereich. Es gebe aber kontinuierlichen Zulauf.

Eine hohe Terrorwarnstufe gilt nach Einschätzung der Experten für Großbritannien. Auch in Staaten wie Dänemark, Norwegen und Schweden gibt es handlungsfähige Unterstützer von Al-Kaida. Frankreich sieht sich nach der militärischen Intervention in Mali mit neuen Bedrohungen konfrontiert.

Wien als Dreh- und Angelpunkt

Nach Informationen der "Presse" gilt vor allem Wien als Ausgangspunkt für Sympathisanten, die den Konflikt zwischen Moslems und Serben am Köcheln halten - mit Personal und Geld. Zwar erhalte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) immer wieder Hinweise auf verdächtige Geldflüsse in den arabischen Raum.

Die Verfolgung hiesiger Financiers sei aber "schwierig". Die Justiz verlange für eine Verfolgung konkrete Angaben, für welche Straftat die Mittel eingesetzt würden, zitiert die Zeitung einen ranghohen Staatsschützer. "Über derart detaillierte Informationen verfügt nicht einmal der israelische Mossad."

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