Im Fall der teilweise detonierten Sprengsätze bei den Zeugen Jehovas in der Steiermark ist am Mittwoch ein verdächtiger Mann festgenommen worden. Die Landesdirektion Steiermark teilte am Nachmittag mit, dass es sich bei dem Verdächtigen um ein ehemaliges Mitglied handelt.

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Ein ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas steht unter Verdacht, seit Sommer 2023 mehrere Sprengsätze bei Fahrzeugen und Gebäuden der Glaubensgemeinschaft platziert zu haben. Manche der Bomben gingen hoch, verletzt wurde dabei niemand. Der 55-Jährige ist Mittwochmittag an seinem Arbeitsplatz festgenommen worden, hieß es bei einer Pressekonferenz in Graz. Er ist geständig und habe eigentlich seine Ex-Frau töten wollen, aber eine an ihrem Auto montierte Bombe ist verschwunden.

Der 55-jährige IT-Techniker aus dem Bezirk Graz-Umgebung hatte es laut den Ermittlern eigentlich auf seine Ex-Frau abgesehen und als Ablenkungsmanöver bereits im August 2023 Rohrbomben an Fahrzeugen anderer Mitglieder der Zeugen Jehovas montiert. Diese seien laut Rene Kornberger, Leiter des Landeskriminalamts Steiermark, "nicht immens" gewesen. Es folgte zu Ostern 2024 eine Bombe "mit extremer Sprengkraft" vor der Tür der Zeugen Jehovas in Kalsdorf, sagte Kornberger. Diese ging aber nicht hoch, dafür aber eine andere Bombe an einem Wagen in Zettling.

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Bereits am 3. Mai soll der Verdächtige laut seinen eigenen Angaben eine weitere Rohrbombe am Wagen seiner Ex-Frau angebracht haben. Diese ist aber offenbar bisher nicht detoniert. Als er bei der Einvernahme den Ermittlern von dieser Bombe erzählte, wurde sofort das Fahrzeug der Ex-Frau gesucht und auf einem Parkplatz in der Grazer Elisabethstraße gefunden. Das führte zu einem Großeinsatz und Straßensperren. Sprengstoffexperten rückten an, fanden allerdings keine Bombe am Wagen - lediglich einen Magnet, mit dem der Sprengsatz montiert war. Laut Kornberger ist die Bombe bisher nicht auffindbar, man gehe aber davon aus, dass der Verdächtige tatsächlich eine am Auto der Ex-Frau montiert hatte. Unklar sei, ob sie abgefallen und möglicherweise auch im Zuge dessen detoniert ist. Nach dem Sprengsatz werde noch gesucht.

Unterhaltsstreitigkeiten mit der Ex-Frau sollen das Motiv sein

Als Motiv nannte der Verdächtige Unterhaltsstreitigkeiten mit seiner Ex-Frau, mit der er auch zwei Kinder hat. Diese habe er offenbar seit 13 Jahren außer bei Gerichtsterminen nicht mehr gesehen. Eigentlich habe er seine ehemalige Frau töten wollen, die anderen Sprengsätze hätten nur der Ablenkung dienen sollen, so seine Angaben. Der Mann war von 1991 bis 2011 mit der Frau, die Mitglied der Zeugen Jehovas ist, verheiratet. Daher war er ebenfalls Mitglied der Glaubensgemeinschaft, wurde aber nach der Scheidung ausgeschlossen. Der Verdächtige war unter jenen rund 60 ehemaligen Mitgliedern, die die Ermittler aufgrund von Hinweisen genauer unter die Lupe genommen hatten.

Seitens der Zeugen Jehovas zeigte man sich am Mittwochabend dankbar und erleichtert. "Die latente Bedrohung ist fürs Erste weg. Wir sind froh, dass niemand zu Schaden gekommen ist", sagte Pressesprecher Markus Kakavis zur APA. Nun würden die Angehören wieder entspannter weiterleben, die Zusammenkünfte besuchen. Man sei sehr traurig darüber, dass jemand zu derartigen Taten greife - auch, wenn es laut Polizei ein privates Motiv gewesen sein dürfte. "Unser Verständnis ist, dass nichts rechtfertigt, Emotionen gewaltsam freien Lauf zu lassen. Das ist abstoßend und abzulehnen", erklärte der Sprecher. "Wir haben die Sicherheitsbehörden als sehr kooperativ wahrgenommen, sie haben es sehr ernst genommen", so Kakavis - er bedankte sich dafür, dass die Königreichssäle in Leibnitz und Kalsdorf "permanent gesichert" und auch in ganz Österreich Maßnahmen ergriffen wurden.

Erfolg für die steierische Polizei

Landespolizeidirektor Gerald Ortner sagte: "Die steirische Polizei hat nach intensiven Ermittlungen einen großen Erfolg erzielen können." Bereits nach August 2023 war von der Landespolizeidirektion die Ermittlungsgruppe "Michael" eingerichtet und die Schutzmaßnahmen verstärkt worden. Veranstaltungen der Zeugen Jehovas wurden überwacht. Die Gruppe wurde sukzessive verstärkt, zuletzt seien etwa 20 Männer und Frauen an den direkten Ermittlungen beteiligt gewesen.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gratulierte in einer Aussendung: "Anerkennung an die beteiligten Ermittler, vor allen an das steirische Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung. Durch professionelle Ermittlungen konnte ein gefährlicher Straftäter festgenommen, weitere mögliche Anschläge verhindert und Menschenleben geschützt werden."(APA/jst)

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