In der hessischen Kleinstadt Wächtersbach wurde am Montag ein Eritreer angeschossen. Diese Tat hatte nach jetzigen Erkenntnissen einen rassistischen Hintergrund, wie die Staatsanwaltschaft bekanntgab. Zudem soll der Täter Mitglied in einem Schützenverein gewesen sein.

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Der Schuss auf einen Eritreer im hessischen Wächtersbach war nach ersten Erkenntnissen der Ermittler rassistisch motiviert. "Wir gehen momentan ganz klar von einem fremdenfeindlichen Motiv aus", sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Dienstag. Das schwer verletzte 26-jährige Opfer sei "aufgrund seiner Hautfarbe" ausgewählt worden. Auch andere Hinweise aus der Durchsuchung der Wohnung des mutmaßlichen Täters, der sich selbst erschoss, erhärteten diese Vermutung.

Gleichzeitig wandte sich der Sprecher gegen Spekulationen, dass eine "rechtsextreme oder rechtsnationalistische Gesinnung im Raum steht". "Wir haben nach derzeitigen Ermittlungen keine belastbaren validen Erkenntnisse, dass Kontakte in die rechtsnationale oder rechtsextreme Szene bestanden", sagte er. Allerdings stünden die Ermittlungen noch ganz am Anfang. Das Umfeld und die Vergangenheit des mutmaßlichen Schützen würden nach entsprechenden Kontakten durchleuchtet. "Der Verantwortung, die wir da haben, sind wir uns durchaus bewusst."

Eritreer wohl ein Zufallsopfer

Der mutmaßliche Schütze habe wohl gezielt nach einem Opfer gesucht. Der 26-Jährige sei dann offenbar am Montag ein Zufallsopfer gewesen. Augenzeugen benachrichtigten die Rettungsdienste und die Polizei. Der Eritreer sei nach seinen Informationen nach einer Notoperation außer Lebensgefahr, sagte der Behördensprecher.

Der 55 Jahre alte mutmaßliche Schütze tötete sich nach der Tat mit einem Schuss in den Kopf. Bisher sei der Mann nicht polizeiauffällig gewesen, hieß es. Bei dem deutschen Staatsangehörigen seien zwei halbautomatische Waffen gefunden worden. Bei der Durchsuchung der Wohnung wurden ein Abschiedsbrief sowie weitere drei Waffen sichergestellt, eine halbautomatische Pistole und zwei Langwaffen. Alle hätten sich legal im Besitz des Mannes befunden. Der 55-Jährige habe eine weitere halbautomatische Waffe kurz vor der Tat verkauft. Der Käufer sei ermittelt und die Waffe sichergestellt, hieß es.

Der Bürgermeister von Biebergemünd, Manfred Weber, sagte: "Die Waffen waren alle legal beim Main-Kinzig-Kreis angemeldet." Der mutmaßliche Täter soll Mitglied eines Schützenvereins gewesen sein. Der allein lebende Mann sei seit 2017 in Biebergemünd gemeldet und nicht auffällig gewesen. "Er lebte zurückgezogen", sagte Weber.

Angriff wühlt Ort auf

Die Stadt Wächtersbach rief am Dienstagabend am Tatort zu einer Mahnwache auf. Nachdem sich herumspreche, dass das Opfer wohl aufgrund seiner Hautfarbe gewählt worden sei, mache sich im Ort Betroffenheit bemerkbar, sagte Bürgermeister Andreas Weiher (SPD): "Gestern wurde noch spekuliert, es könne sich um eine Tat unter Asylbewerbern oder eine Milieu-Straftat handeln."

Die hessische Landesregierung reagierte betroffen auf die Attacke. Die Schüsse auf offener Straße erschreckten, erklärte Regierungssprecher Michael Bußer in Wiesbaden. Die Sicherheitsbehörden täten alles, um die Straftat und ihre Hintergründe restlos aufzuklären.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), forderte via Twitter ein konsequentes Vorgehen gegen Rassismus und Rechtsextremismus. "Aus Hetze wird Gewalt, aus Hass irgendwann Mord. Das können und dürfen wir nicht hinnehmen!", schrieb sie.

Landrat und Bürgermeister der Kommunen des Main-Kinzig-Kreises, zu dem Wächtersbach gehört, sprachen in einer gemeinsamen Erklärung von einer Attacke "nicht nur gegen einen Einzelnen, sondern willkürlich gegen alles Fremde". Sollte der Täter aus rechtsradikaler Weltanschauung heraus und aus Fremdenhass gehandelt haben, müsse auch beleuchtet werden, ob es "einen Kreis Gleichgesinnter" gegeben habe, der die Tat beförderte, forderten die Politiker. "Hier muss die Gesellschaft als Ganzes mit ihrem Rechtsstaat klare Kante zeigen." (sg/dpa)

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