Eine 29-jährige Wienerin steht in Dubai vor Gericht. Sie wurde vergewaltigt und muss dennoch mit einer Haftstrafe rechnen. Die Hintergründe des Verfahrens.

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In Dubai ging am Donnerstag der Prozess gegen jene vergewaltigte Wienerin weiter, der eine Haftstrafe wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs und Alkoholkonsums droht. Die erste Verhandlung am 13. Februar war vertagt worden, da der ebenfalls vor Gericht stehende mutmaßliche Täter ohne Anwalt erschienen war. Heute vertagte der Richter die Verhandlung auf den 10. April. Laut dem Online-Portal "Gulf News" will er dann die Aussage der Angeklagten hören. Denn die Wienerin war heute nicht anwesend - sie ist seit 30. Jänner wieder in Österreich.

Die österreichische Muslima war nach eigener Aussage in der Nacht auf den 1. Dezember 2013 in einem Auto in einer Hotelgarage in Dubai attackiert worden. Zeugen riefen die Polizei, die die Frau verhaftete und ihr auch den Pass abnahm. Ihr Angreifer erklärte sich laut "Gulf News" schuldlos und bestritt, mit der Frau Sex gehabt zu haben. Zuvor hatte er behauptet, sie habe ihm Sex gegen Geld geboten.

Andere Medien berichteten, der beschuldigte Jemenite und dessen Vater - ein Polizist - hätten die Frau genötigt, zu behaupten, einvernehmlichen Sex gehabt zu haben. Der Wienerin wurde außerdem geraten, den mutmaßlichen Täter zu heiraten, sollte dieser nicht wegen Vergewaltigung verurteilt werden.

Wienerin nimmt nicht am Prozess teil

Nach ihrer Enthaftung ersuchte die 29-Jährige am 5. Dezember die österreichischen Botschaft in Dubai um Hilfe. Die Botschaft nahm daraufhin Kontakt mit den Behörden auf und stellte einen Anwalt zur Verfügung. Auch in Österreich war die Unterstützung groß: Rund 250.000 Menschen forderten in einer Online-Petition Außenminister Sebastian Kurz auf, sich "persönlich für die umgehende Freilassung der 29-jährigen Österreicherin einzusetzen". Ein Krisenteam des Außenministeriums reiste Anfang Jänner nach Dubai, um der Frau die Ausreise zu ermöglichen.

Die Verhandlung in Dubai erfolgte bisher in Abwesenheit der Wienerin. Ein Anwalt und ein Vertreter der österreichischen Botschaft waren indes vertreten. Jetzt muss die Frau aber offenbar doch persönlich vor Gericht erscheinen. Weil sie Muslima ist, muss die Wienerin mit Härte statt Milde rechnen. Westliche Bürger werden im Normalfall in den Emiraten gnädiger behandelt. Erschwerend kommt für die Frau hinzu, dass sie am fraglichen Abend Alkohol getrunken haben soll.

Liberal mit Scharia

Das Urlaubsland Dubai hat zwar den liberalsten Ruf innerhalb der Golfstaaten, dennoch herrschen in dem arabischen Emirat strenge Regeln, die insbesondere für muslimische Frauen gelten - auch wenn diese aus Österreich stammen. Zum Teil beruhen die Regeln auf der Rechtsgrundlage der Scharia.

Zur Scharia gehört laut Institut für Islamfragen die Gesamtheit des islamischen Gesetzes: Gebote, die die Religionsausübung betreffen, die Erb-, Ehe- und Familiengesetze, das Vermögensrecht, das Strafrecht und die Gesetze zu den religiösen Stiftungen. Zu den gravierendsten Vergehen zählen Ehebruch und Unzucht sowie Alkoholgenuss: Küssen und der Austausch von Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit, außerehelicher Sex, Homosexualität und das Zusammenleben von nicht verheirateten Paaren können mit Gefängnis-, Geldstrafen oder Deportation geahndet werden.

Um eine Vergewaltigung nachzuweisen, sind vier Augenzeugen notwendig oder aber der Vergewaltiger gesteht, was aufgrund der drohenden Strafen eher unwahrscheinlich ist. Auch bei einer nachgewiesenen Vergewaltigung ist die Frau unter Umständen schuldig – nämlich dann, wenn sie allein mit Männern unterwegs war und Alkohol getrunken hat.

Alkohol ist für islamische Einwohner der Emirate verboten, Nicht-Muslime dürfen ihn in lizenzpflichtigen Lokalen und Hotels zu sich nehmen. Trunkenheit in der Öffentlichkeit kann mit Strafen von bis zu 400 Euro oder bis zu sechs Monaten Gefängnis geahndet werden.

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