In den USA häufen sich die Fälle, in denen weiße Polizisten farbige Zivilisten töten. Vor Gericht müssen sie sich danach aber nicht zwangsläufig verantworten. Auch im jüngsten Fall in New York fehlten den Geschworenen ausreichend Beweise für eine Fortsetzung des Strafverfahrens.
In Ferguson starb Michael Brown, gerade 18 Jahre alt, nach einer Auseinandersetzung. In Cleveland wurde ein Zwölfjähriger getötet, weil er eine Spielzeugwaffe trug und seine Hände nicht rechtzeitig erhob. Und in New York City musste jüngst Eric Garner sein Leben lassen, weil die Polizei ihn des illegalen Zigarettenverkaufs verdächtigte. Ob es überhaupt zu einer Anklage kommt, ist nur noch im Fall des Zwölfjährigen fraglich, die anderen Polizeibeamten sind bereits freigesprochen.
Und das, obwohl zumindest der Fall in New York klar scheint. Ein Video zeigt die komplette Szene, die zum Tod Garners führte. Der Würgegriff, mit dem der New Yorker Polizist Daniel Pantaleo den Schwarzen tötete, ist zwar regulärer Bestandteil der Ausbildung für Polizisten in den USA – doch ist er wie in New York City in den meisten größeren Städten verboten. Ein New Yorker Gerichtsmediziner stufte den Fall deshalb sogar als Tötungsdelikt ein. Dennoch sprach die Grand Jury den Polizisten frei.
"Das ist ein Freifahrtschein zum Töten eines schwarzen Mannes", sagte der Stiefvater des Opfers, Benjamin Carr. "Dieses Justizsystem ist keinen Pfifferling mehr wert."
Dass sich Schwarze in den USA wesentlich öfter von der Polizei gepeinigt fühlen als Weiße, belegen inzwischen zahlreiche Meinungsumfragen. Eine Studie aus der vergangenen Woche, durchgeführt vom Pew Research Center, ergab, dass 46 Prozent der Schwarzen wenig oder kein Vertrauen in die Polizei haben. Unter den Weißen sind es nur zwölf Prozent.
Wie aber kann es in einem Rechtsstaat möglich sein, dass Polizisten für den Tod eines Menschen nicht haftbar gemacht werden? Die Antwort liegt in der Gesetzeslage, die den Cops in den USA weitreichende Rechte zuspricht. So hat der Oberste Gerichtshof mehrfach entschieden, dass Polizisten ihre Waffe einsetzen dürfen, wenn sie entweder um ihre eigene Sicherheit fürchten oder einen flüchtenden Straftäter stoppen wollen.
Bereits nach dem Fall in Ferguson hatte das US-Justizministerium die Arbeit der Behörden kritisiert. Justizminister Eric Holder erklärte, eine Untersuchung habe ein Muster von "übermäßigem Gewalteinsatz" durch Polizeikräfte zutage gefördert. Die Gründe sieht er in der schlechten Ausbildung und ineffektiven Richtlinien.
Nach zahlreichen Medienberichten und großen Demonstrationen hat sich deshalb nun auch New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio in den Fall eingeschaltet. Er versprach, eine bereits angekündigte Reform der Polizei durchzusetzen und eine Umerziehung seiner Sicherheitskräfte in die Wege zu leiten. Der Guardian berichtete, dass de Blasio und US-Präsident Barack Obama Arbeitsgruppen einrichten wollen, um das Verhältnis von Polizisten zu Minderheiten zu verbessern.
Und die New York Times schrieb, dass 22.000 Polizisten der Stadt künftig in den Kursen lernen sollen, wie sie Krisensituationen nach Möglichkeit entschärfen können, bevor sie zur Waffe greifen.
Offizielle Zahlen zum Gewalteinsatz durch Polizeibeamte in den USA gibt es übrigens nicht, und das, obwohl das Justizministerium eigentlich jährlich Berichte darüber vorlegen muss. Doch die meisten Polizeidienststellen behalten entsprechende Daten für sich, so dass es kein belastbares Zahlenmaterial gibt.
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