Missbrauchsvorwürfe in Wien: Ein Pädagoge soll sich mit Kindergartenkindern im Waschraum eingesperrt haben. Einige Mitarbeiterinnen erfuhren erst aus der Zeitung von dem Vorfall.

Mehr Panorama-News

Derzeit ermittelt die Wiener Polizei gegen einen ehemaligen Pädagogen eines Wiener Privatkindergartens. Der Vorwurf: Der mittlerweile entlassene Mann soll drei- bis fünfjährige Kinder nackt ausgezogen und sich mit ihnen im Waschraum eingesperrt haben.

Aufgeflogen sind die Vorfälle Anfang dieses Jahres durch einen Zeitungsbericht und die Anzeige des Obmanns des Kindergartens. Mittlerweile gab es seitens der Kindergartenaufsicht MA11 sowie der Polizei eine Bestätigung. Die Vorfälle selbst sollen bereits im September 2016 stattgefunden haben.

Eltern wurden spät informiert

Viele Eltern erzürnt nun, dass sie so spät informiert worden sind. Einige sagten dem ORF, sie hätten überhaupt erst bei einem Elternabend vor einer Woche von den Vorfällen erfahren. Die meisten meldeten ihre Kinder postwendend ab.

Eine Mutter, die anonym bleiben möchte, erzählte in der ORF-Sendung "Thema" am Montag: Sie habe beim Abholen ihres Sohnes bemerkt, dass dieser keine Unterwäsche anhabe. Zunächst sei sie davon ausgegangen, dass sich ihr Kind möglicherweise angemacht habe, dem sei aber nicht so gewesen.

"Als wir bei unserem Sohn nachgefragt haben, hat er sich unterm Tisch versteckt und irgendwann gesagt: Bin ich schuld oder ist er schuld? Erst später hat er dann erzählt, dass er einmal in den Waschraum reingedrängt worden sei, worauf er dem Pädagogen in das Schienbein getreten hat." Damals habe er sich sogar noch am nächsten Tag für den Tritt entschuldigt – damals war von den Nackt-Vorwürfen noch nichts bekannt.

Patrycja Makowska ist eine weitere Mutter, die sich den Reportern gegenüber öffnet: Sie hat ihre Töchter noch beim Elternabend abgemeldet. Diese hätten ihr unter Tränen erzählt, dass sie sich zwei- oder dreimal hätten ausziehen müssen.

Der Betreiber des Kindergartens will gegenüber den Medien keine Stellung nehmen. Abseits der Kameras behauptete er dem ORF-Team gegenüber, es handle sich um eine Schmutzkübelkampagne einer Mutter.

Mitarbeiterinnen haben aus der Zeitung vom Vorfall erfahren

Der Tageszeitung "Kurier" erzählten Mitarbeiterinnen des Kindergartens, sie hätten erst aus der Zeitung davon erfahren. Der Kollege habe angegeben, die Kinder hätten im Bad nur nackt zu einer Musik tanzen wollen. Er selbst sei dabei nicht im Waschraum gewesen.

Sie schätze den ehemaligen Kollegen nicht so ein, dass er mit den Kindern im Badezimmer war. Allerdings: "Dass er den Kindern überhaupt erlaubt hat, nackt zur Musik zu tanzen, ist schon eine Katastrophe", sagte die anonym bleibende Mitarbeiterin dem "Kurier".

Skepsis gegenüber männlichen Pädagogen

Negativ wirkt sich die Sache auch auf das Image von männlichen Kindergartenpädagogen aus. Derzeit machen sie elf Prozent des Kindergartenpersonals in Österreich aus. Als Mann stehe man immer besonders unter Beobachtung der Eltern, sagt Kindergartenpädagoge Rainer Weiss dem ORF. Er werde ständig gefragt, warum er den Job mache und weshalb er sich dafür entschieden habe.

Was die Beziehung zwischen Kindergartenpädagoge und Kinder betrifft sagte er: "Man muss auf das Bedürfnis der Kinder Rücksicht nehmen." Es seien nur jene Berührungen in Ordnung, die ausschließlich im Sinne des Kindes wären.

Dominik Löffler, Pädagoge der Kinderfreunde Wien: "Wir sprechen mit den Kindern über den Körper und lehren auch, wo die Grenzen sind. Wo sind die Grenzen und wie kann ich diese akzeptieren."

Das seien auch Voraussetzungen, um mit Kindern über Missbrauch zu sprechen.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.