Ein Bericht der ORF-Sendung "Thema" behandelt ein österreichisches Projekt, bei dem in verschiedenen Gemeinden eine Art Mittelsperson zwischen Polizei und Bevölkerung eingesetzt wird. Die Reportage geht den Fragen nach, was diese Person macht, was sie darf und warum sie eingesetzt wird.
Derzeit startet in vier Regionen Österreichs ein Programm, durch das in Gemeinden ein sogenannter "Sicherheitsbürger" ernannt wird, der als Kontaktperson zwischen Polizei und Bevölkerung fungieren soll. Diese Personen dürfen keine Waffe und keine Uniform tragen und auch keine Amtshandlungen vollziehen, sondern sollen nur vermitteln.
Warum braucht es einen "Sicherheitsbürger"?
In 28 von 30 Gemeinden im Bezirk Schärding wird ein solcher "Sicherheitsbürger" eingesetzt. Der ehemalige Justizwachebeamte Friedrich Mairinger, der in Suben diese Position ausfüllt, erläutert, warum er gebraucht wird: "Wir sind in Suben in einer relativ exponierten Lage: Wir haben einerseits den Grenzübergang, wir haben andererseits die Justizanstalt Suben, wo sich des Öfteren viele Nicht-Subener, nennen wir es so, in der Ortschaft befinden."
Der Subener Bürgermeister Ernst Seitz führt aus, dass letztes Jahr teils nachts Asylsuchende ziellos durch den Ort liefen. "Dadurch wurde natürlich bei der Bevölkerung eine gewisse Unsicherheit und ein Unwohlgefühl erzeugt", erklärt er. Mit dem "Sicherheitsbürger" habe er jemanden, den er hilfestellend einsetzen könne.
Mairingers erster Einsatzort wird das Naturbad in Suben sein, wo Sorge besteht, ob die ausländischen Gäste die Badevorschriften verstehen und die weiblichen Gäste in Ruhe lassen werden. Der "Sicherheitsbürger" soll hier also für Ordnung sorgen. Die Sprecherin der Reportage kann das Vorhaben nicht ganz unkommentiert lassen: "Von den Bademeistern hören wir, dass sie das aber auch ganz gut alleine schaffen würden", heißt es.
Kritik und Meinungen
Die Bezirkshauptstadt Schärding wird allerdings keinen solchen "Sicherheitsbürger" einsetzen. Bürgermeister Franz Angerer steht dem Projekt kritisch gegenüber: "Ich glaube, es sollen Beruhigungspillen vom Landespolizeidirektor verteilt werden, weil die Stimmung in der Bevölkerung nicht mit den dargebrachten Daten der Kriminalstatistik übereinstimmt", denkt er. "Ich glaube, das ist Augenauswischerei."
Die befragten Bürger der Gemeinden sind unterschiedlicher Meinung über das Projekt: Einige finden, sie brauchen dies nicht, andere begrüßen jede Sicherheitsmaßnahme. "Die Polizei kann nicht überall sein", meint ein Befragter.
Erfahrungsberichte aus Graz
Die Reportage berichtet vom Volksgarten in Graz, in dem seit einiger Zeit Probleme herrschen: Es wird mit Drogen gehandelt, während jugendliche Asylsuchende dort in Gruppen Alkohol trinken und durch Ruhestörung auffallen.
"Die Gesellschaft schickt permanent die Polizei in den Park", erklärt Werner Miedl vom Projekt "Sicher leben", das schon vor 1½ Jahren gestartet wurde. "In dem Werkzeugkasten der Polizei, den sie mitführt, war eigentlich nicht das Lösen von sozialen Problemen vorgesehen."
Die Initiative bemüht sich deswegen, die jungen Menschen von der Straße und aus dem Park herauszuholen. In der evangelischen Pfarrgemeinde am Rande des Parks werden mehrmals in der Woche Deutschkurse angeboten, die von ehrenamtlichen Helfern gehalten werden.
Schwierig für die Jugendlichen sei vor allem die Perspektivlosigkeit, erklärt Pfarrer Paul Nitsche: "Was bleibt ihnen übrig, wenn sie warten müssen über lange Zeit, weil das Asylverfahren sehr lange dauert", führt er aus. "Sie sitzen herum, haben nichts zu tun, ihnen geht das Geld aus – es ist eine ganz trostlose Situation."
Ein Bericht ohne viel Information
Was genau der "Sicherheitsbürger" machen soll, kann die Reportage nicht klar erläutern – was vielleicht daran liegt, dass das Konzept selber so schwammig ist, dass es offenbar nicht einmal die Beteiligten genau wissen.
In einer Szene, in der Friedrich Mairinger und ein Subener Polizist ihre Zusammenarbeit besprechen, merkt man, wie wenig konkret dieser Plan ist: "Wenn etwas Brennendes ist, dann kommst du zu mir", meint der Polizist. "Wenn ich was brauche, werde ich dich direkt darauf anreden. Dann machen wir das aus, was wir am besten machen."
Mit solch vagen, inhaltslosen Sätzen bleibt man nach dem Bericht also genauso ahnungslos wie zuvor, was genau der "Sicherheitsbürger" tun soll oder tun darf. Die Grazer Initiativen, die in diesem Zusammenhang gezeigt werden, sind als freiwillige Hilfsprojekte sicherlich positiv einzuordnen, haben aber offenbar nur teilweise etwas mit dem "Sicherheitsbürger"-Konzept zu tun – abgesehen offenbar davon, dass es sich um ehrenamtliche Tätigkeiten handelt.
Leider bleibt die Kritik am Projekt ebenso schwammig: Bürgermeister Angerer spricht laut Sprecherin an, wie hier Denunziantentum gefördert wird, aber er kommt im Bericht nur sehr kurz zu Wort. Dass es problematisch ist, zivilen Bürgern Aufgaben der Exekutive zu übergeben, wird überhaupt nicht thematisiert.
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