Die "Waste Watcher" in Wien schauen genau hin: Wer den Kot seines Hundes nicht entsorgt oder seinen Zigarettenstummel auf den Boden wirft, muss zahlen. Die Aufpasser kommen gut an, auch wenn die Strafen jetzt deutlich steigen.
Die langen blonden Locken verdecken fast die Aufschrift auf der Weste der hauptberuflichen Aufpasserin. "Waste Watcher" steht dort in Großbuchstaben. Diesmal ist die Angestellte der Stadt Wien bewusst nicht in Zivil unterwegs, um Müllsünder aufzuspüren. "Die Uniform flößt schon mehr Respekt ein", ist ihr Eindruck.
In der Bundeshauptstadt achten rund 50 "Müll-Polizisten" darauf, dass niemand die Straßen und Parks verschmutzt. Besonders im Visier: Hundebesitzer und Raucher.
Bisher müssen sie 36 Euro für das achtlose Wegwerfen einer Tschick oder das Nicht-Entsorgen eines Hundstrümmerls berappen. Der Landtag im von Rot-Grün regierten Wien beschloss am Freitag sogar eine Erhöhung der Strafe auf bis zu 90 Euro.
Auf der Streife mit ihrem Kollegen muss die "Müll-Polizistin" nicht lange warten, bis die ersten Delikte passieren.
- "Sie wissen, warum wir Sie anhalten?", fragt ihr 47 Jahre alter Kollege einen 20-Jährigen.
- "Ja", gibt der betreten zu - er hat eine Zigarette auf den Boden geworfen.
- "Das kostet in Wien 36 Euro."
Eine Freundin fragt noch, ob man nicht eine Ausnahme machen könnte.
- "Das dürfen wir nicht", antwortet der "Waste Watcher" trocken.
Der junge Mann muss erst Geld holen, der Personalausweis bleibt solange bei der Müllpolizei.
- "Wir warten auf Sie."
Fast 5.500 Strafen verhängt
5.473 solcher Strafen wurden im vergangenen Jahr verhängt - fast tausend mehr als 2015. Am häufigsten erwischen die "Waste Watcher" Raucher, die ihre Zigarettenkippe nicht im Aschenbecher entsorgen. Aber auch stehen gelassene Einkaufswagen oder illegal abgelagerter Sperrmüll werden geahndet.
Doch die 1,8-Millionen-Metropole bestraft nicht nur. So sei in den vergangenen Jahren das Service-Angebot deutlich ausgebaut worden, erklärt Ulrike Volk von der zuständigen Abteilung der Stadtverwaltung.
Eine App zeigt eine Karte mit allen Hundekotbeutel-Spendern in der Umgebung oder gibt Tipps über die richtige Mülltrennung. Und auch die Aufklärung gehöre zu einer sauberen Stadt dazu, betont Volk. Die jährliche Sauberkeitskampagne solle die Einwohner sensibilisieren.
"Nimm ein Sackerl für mein Gackerl!"
"Nimm ein Sackerl für mein Gackerl", der Spruch auf einem Plastiksack-Spender für das Entsorgen von Hundekot soll Herrchen und Frauchen an ihre Pflichten erinnern. Doch nur wenige Meter weiter liegen zwei Hundehaufen auf der Wiese.
Der Kot war vor neun Jahren der Grund, die Sauberkeits-Sheriffs ins Leben zu rufen. "Der erhobene Zeigefinger hat einfach nicht gefruchtet. Wir mussten stark durchgreifen", sagt Volk.
Im Schnitt kommen so 250.000 Euro im Jahr zusammen. Das Geld wird zweckgebunden verwendet: Die Stadt kauft neue Mülleimer oder stattet die fast 3.500 Hundekotbeutel-Spender aus. Mit Erfolg: Die Hauptstadt gilt als eine der saubersten Städte weltweit.
Know-how aus anderen Städten
Das ist der Grund, weshalb sich auch andere Städte für die Müllstrategie interessieren. "Wir stehen vor denselben Problemen und Herausforderungen, da können wir voneinander lernen", erklärt Ulrike Volk.
Die Idee der "Waste Watcher" etwa stammt aus Hamburg, wo die Müllsheriffs jedoch mittlerweile deutlich reduziert wurden. Dort war laut Stadt nur ein Ermahnen, aber kein Strafen erlaubt. Die Stadtverwaltung überlegt, das zu ändern. Die lustigen Sprüche auf Mülleimern sind eine Berliner Idee, die Wien übernommen hat.
Bei den Wienern kommen laut Meinungsumfragen die "Waste Watcher" gut an. Etwa 90 Prozent der Bewohner befürworten deren Arbeit. "Die meisten wollen, dass unsere Stadt sauber bleibt", sagt die "Waste Watcherin", die immer von "unserer Stadt" spricht. Sie ist seit dem Startschuss für die Truppe 2008 dabei.
"Ihr seid aber streng", sagt eine ältere Frau, die beobachtet, wie die Müll-Polizei die Quittung für den jungen Mann schreibt. "Aber ich finde es gut."
Der junge Mann ist zurück, bezahlt die Strafe und erhält die Quittung. Dann folgt noch der unvermeidliche Rat: "Bitte nichts mehr auf den Boden werfen." © dpa
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