Terror, Amok und fast täglich neue schreckliche Angriffe auf die Freiheit der Menschen. Das Unsicherheitsgefühl wächst und wächst. Schon seit zwei Jahren bewaffnen sich die Österreicher verstärkt. Dass mehr Waffen jedoch mehr Sicherheit bedeuten, ist stark zu bezweifeln.

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Die Zahlen des österreichischen Innenministeriums sind eindeutig. Die Bevölkerung bewaffnet sich mehr und mehr. Gab es im Juli 2014 noch 240.699 Waffenbesitzer, so verfügten Anfang Juli 2016 bereits 282.135 Personen über eine Schusswaffe. Die Anzahl der Schusswaffen, über die Kategorien A,B,C und D hinweg, steigerte sich von 836.953 auf 957.301. Eine Zunahme von 120.348 Waffen in nur zwei Jahren. Unter Kategorie A fallen Pumpguns. In Kategorie B findet man Faustfeuerwaffen wie Revolver und Pistolen, halbautomatische Schusswaffen und Repetierflinten. Die Kategorie C meint Büchsen, während die Kategorie D Flinten umfasst.

Waffengesetz in Österreich liberal

In Großbritannien gibt es beispielsweise seit 1996 ein absolutes Verbot, Faustfeuerwaffen zu erwerben. "Das österreichische Waffengesetz ist im Vergleich zu anderen europäischen Gesetzen wie etwa in Deutschland oder Großbritannien relativ liberal", sagt daher Georg Zakrajsek, Generalsekretär der "IWÖ - Interessensgemeinschaft liberales Waffenrecht in Österreich". Ein Verein, der sich 1994 gründete, da er das liberale Waffengesetz in Österreich durch die EU-Waffenrichtlinie bedroht sah.

"Bei Waffen der Kategorie B beispielsweise gibt es eine Stückzahlbegrenzung. Man bekommt normalerweise zwei Stück, eine Erweiterung liegt im Ermessen des zuständigen Beamten", so Zakrajsek. Die Interessensgemeinschaft plädiert beispielsweise für den kompletten Entfall dieser Stückzahlbegrenzung. "Oft gibt es sportliches Interesse oder ein Sammlerinteresse", erklärt der IWÖ-Generalsekretär, warum er Bedarf an noch mehr Waffen sieht.

Pfeffersprays leicht zu haben

Was Pfeffersprays betrifft, reicht in Österreich die Begründung aus, sich verteidigen zu wollen, um einen erwerben zu können. Man muss lediglich 18 Jahre oder älter sein.

In Deutschland dürfen Privatpersonen hingegen prinzipiell keinen Pfefferspray mit sich führen, um diesen gegen Menschen einzusetzen. Dieser ist dort nur zur Tierabwehr erlaubt. Er muss dementsprechend als Tierabwehrspray gekennzeichnet sein. Deshalb sind Pfeffersprays in Deutschland nicht als Waffe klassifiziert - was darauf hinaus läuft, dass letztlich auch Minderjährige einen Pfefferspray mit sich führen dürfen. In einer absoluten Notwehrsituation darf er dann auch gegen Menschen eingesetzt werden. Auf den zweiten Blick ist das diesbezügliche Gesetz also sogar liberaler als jenes in Österreich.

"Wir sind klar für Einschränkungen bei den Waffen. Mit Ausnahmen für Jäger und Sportschützen sollte es hier weitgehende Restriktionen geben", sagt Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen. Dass sich Frauen einen Pfefferspray besorgen, kann er nachvollziehen. "Dieser erhöht das subjektive Sicherheitsgefühl und ist von der Wirkungskraft her nicht mit einer Pistole vergleichbar", so Steinhauser.

Psychologische Tests nur Farce?

Zum Status Quo in Österreich meint er, dass momentan so gut wie jeder, der eine Schusswaffe wolle, auch eine bekomme. Es gibt zwar psychologische Eignungstests, um Personen herauszufiltern, die aufgrund ihrer Verfassung nicht dazu geeignet sind, eine Waffe zu führen. "Diese Tests können jedoch beliebig oft wiederholt werden, so dass irgendwann jeder weiß, was er antworten muss und was er nicht sagen darf, um eine Waffe zu erhalten", so Steinhauser.

Interessantes zu diesen psychologischen Tests zu sagen hat auch Georg Zakrajsek: "Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute, die zwei negative Gutachten ausgestellt bekamen, sich dann dazu entschlossen haben, eine illegale Waffe zu kaufen. Ein psychologischer Test kostet rund 280 Euro. Eine illegale Waffe kann man inklusive Munition um 200 Euro erwerben."

Waffen schützen nicht vor Terror

Dem Argument von Waffenbefürwortern, dass eine Gesellschaft dann am sichersten sei, wenn alle bis auf die Zähne bewaffnet sind, kann Albert Steinhauser nichts abgewinnen: "Wir wissen beispielsweise aus den Vereinigten Staaten, dass mehr Privatwaffen nicht zu mehr Sicherheit führen. Das Gegenteil ist der Fall."

Auch die vermehrten Terroranschläge im Zentrum Europas bedeuten für den Justizsprecher der Grünen keinen Grund, das Waffengesetz weiter zu lockern. "Ich glaube, die private Bewaffnung gegen einen Terroranschlag ist eine Illusion. Die Terroristen haben den Überraschungsmoment auf ihrer Seite, wovon selbst die Sicherheitsbehörden überrascht werden. In Österreich gibt es dazu ein klares Konzept, dass die Polizei das Gewaltmonopol zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit innehat", so Steinhauser.

Der Markt für illegale Waffen ist dennoch riesig. Laut dem Nachrichtensender "n-tv" geht die deutsche Polizei von 20 Millionen nicht registrierten Waffen im Land aus. Der 18-jährige Amokläufer von München beispielsweise hat seine Schusswaffe illegal über das Darknet beschafft. "Der Umkehrschluss - weil viele eine illegale Waffe besitzen, sollten alle eine legale Waffe besitzen - ist reichlich absurd", schließt Albert Steinhauser.

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