Im Streit um die Meldung eines 1937 von einem jüdischen Galeristen verkauften Bilds als potenzielle NS-Raubkunst ist ein Kunstsammler vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gescheitert.
Die Eintragung des Gemäldes in einer Kunst-Datenbank als mögliches Raubgut beruhe auf wahren Tatsachen und beeinträchtige das Eigentum des Klägers an dem Bild nicht, entschied der BGH am Freitag in Karlsruhe. Die Vorsitzende Richterin Bettina Brückner bescheinigte dem Sammler allerdings, dass er in einer "misslichen Lage" sei, weil das Bild nur noch schwer zu verkaufen sein dürfte. (Az. V ZR 112/22)
Das Gemälde "Kalabrische Küste" des Malers Andreas Achenbach wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gemalt. Zwischen 1931 und 1937 war es im Besitz der Düsseldorfer Galerie Stern. Dem jüdischen Galeristen Max Stern wurde 1935 die Ausübung seines Berufs untersagt. 1937 verkaufte er das Bild und wanderte nach Kanada aus. Sein Nachlass wird von einem kanadischen Trust verwaltet.
Dessen Treuhänder veranlassten 2016 eine Suchmeldung für das Bild auf der Internetseite der Lost-Art-Datenbank. Sie wird von der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden betrieben. Ziel der Eintragungen ist es, frühere Eigentümer oder deren Erben mit heutigen Besitzern zusammenzubringen und sie bei einer fairen und gerechten Lösung zu unterstützen.
Im Fall des Achenbach-Bilds erfuhr der heutige Eigentümer erst bei einer Ausstellung von der Suchmeldung und einer Fahndung, die Interpol in Kanada veranlasst hatte. Er hatte das Gemälde einige Jahre zuvor, nämlich 1999, bei einer Auktion in London ersteigert. Eine Einigung mit dem Trust scheiterte.
Vor Gericht wollte der Sammler erreichen, dass die Treuhänder des Trusts nicht weiter angeben dürften, dass sie Eigentümer des Bilds seien. Außerdem sollten sie die Suchmeldung löschen lassen.
Beides lehnte der BGH nun ab. Denn weder die Suchmeldung noch die Fahndung seien eine Eigentumsanmaßung, sagte Brückner. Damit werde nur auf den früheren Eigentümer und den Verlust des Bilds hingewiesen und keine Aussage über heutige Besitzverhältnisse getroffen.
Wegen der Umstände des Verkaufs bestehe die Vermutung, dass das Bild einem früheren Eigentümer verfolgungsbedingt entzogen worden sei. Die Suchmeldung mache also lediglich publik, was ohnehin vermutet werde und bei einem Weiterverkauf aufgeklärt werden müsste.
Das Gemälde dürfte nun nur schwer zu verkaufen sein, erläuterte die Richterin. Das wirtschaftliche Interesse des Sammlers wiege hier aber nicht so schwer wie das Interesse der Rechtsnachfolger des früheren Eigentümers und der Öffentlichkeit an der Herkunft von solchen Kunstwerken.
Offen ließ der BGH, ob die Suchmeldung weiter rechtmäßig ist. Da die Einigung zwischen dem Trust und dem Sammler scheiterte, sei ihr Zweck möglicherweise überschritten. Für eine Löschung sei dann aber die Stiftung zuständig und nicht der Trust. © AFP
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