Kirche ist Macht. Das demonstriert auch die katholische Kirche in Österreich: Sie besitzt Grund und Boden in der Größe von Vorarlberg, hält Anteile an Medienhäusern und verdient sogar beim Glücksspiel mit. Hinzu kommt ein Vermögen, dessen Umfang kaum geschätzt werden kann. Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen.
Kaum eine Institution ist so alt wie die katholische Kirche - und kaum eine hat so hohe Einnahmen. Für das Jahr 2012 verzeichnete sie allein in Österreich Einkünfte von über einer halben Milliarde Euro. Das ist ziemlich genau so viel, wie im selben Jahr alle österreichischen Spendenorganisationen zusammen an Spenden eingenommen haben. Der überwiegende Großteil der kirchlichen Einnahmen, nämlich fast 80 Prozent, stammt von den Kirchenbeiträgen der etwa 5,3 Millionen Kirchenmitglieder.
Weitere Einkünfte ergeben sich durch staatliche Zahlungen, sowie direkten und indirekten Beteiligungen an Unternehmen - etwa am Niederösterreichischen Pressehaus, aber auch den Casinos Austria. Am Glücksspiel verdient die Kirche über die Privatbank Schelhammer und Schattera mit. Während die Bank Anteile an den Casinos Austria hält, ist sie selbst weit mehr als 80 Prozent in Hand der katholischen Kirche Österreichs. So wandert das Geld vom Roulettetisch über Umwege in den Opferstock.
Geldkapital von mehr als einer Milliarde Euro
Dass man überhaupt so viel über die Finanzen der Kirche weiß, ist keine Selbstverständlichkeit. Offenlegen muss sie ihre Einnahmen nämlich nicht, trotzdem hat sie sich zu diesem Schritt entschieden. Allerdings erst im Jahr 2012 und wohl auch nicht ganz freiwillig. Kurz nachdem sich die Kirche für mehr Transparenz entschied, wurde das zuvor angekündigte Buch "Gottes Werk und unser Beitrag" veröffentlicht. Die beiden Journalisten Christoph Baumgarten und Carsten Frerk widmen sich in dem Enthüllungswerk ausführlich der Kirchenfinanzierung in Österreich. Mit der Veröffentlichung ihrer Einnahmen wollte die katholische Kirche dem Buch wohl noch rechtzeitig vorgreifen. Die Zahlen wurden seither allerdings nicht mehr aktualisiert, geben aber ohnehin kaum Auskunft über das tatsächliche Vermögen der katholischen Kirche.
Ihr Gesamtbesitz, bestehend aus Geldkapital, Anlagen, Immobilien, Grundstücken und nur schwer schätzbaren Wertgegenständen, lässt sich tatsächlich kaum beziffern. Auch weil sich das Vermögen auf eine Vielzahl von Kirchen, Klöstern und anderen Einrichtungen aufteilt, die wiederum sehr wohl wissen, über wie viel Geldkapital und Anlagen sie verfügen. Deswegen werden sie aber noch lange nicht publik gemacht. Kirchenkritiker rechnen mit einem gesicherten Geldkapital von mindestens 1,6 Milliarden Euro. Der Betrag wurde zwar nie bestätigt, aber auch nicht dementiert.
Zweitgrößter Grundbesitzer Österreichs
Etwas besser lässt sich der Grundbesitz der katholischen Kirche einschätzen. Baumgarten hat bei den Recherchen für sein Buch sämtliche zur Verfügung stehenden Informationen zusammengetragen. 210.000 Hektar befinden sich im Besitz von kirchlichen Einrichtungen. Eine Fläche die beinahe so groß ist wie Vorarlberg. Der Großteil davon sind forst- und landwirtschaftliche Flächen. Die Kirche ist damit nach den staatlichen Bundesforsten der zweitgrößte Grundbesitzer in Österreich.
Reichtum und Besitz sind jedoch nur ein Teilaspekt der kirchlichen Macht. Denn trotz offizieller Trennung zwischen Staat und Religion, hat in Österreich die katholische Kirche auch Einfluss auf wichtige Bereiche des öffentlichen Leben. Und das nicht nur über die bereits erwähnte Beteiligung am Niederösterreichischen Pressehaus: Sie sitzt auch im Stiftungs- und im Publikumsrat des ORF.
Außerdem mischt die Kirche im Bildungs- und Gesundheitswesen mit und erhält dafür sogar Geld. Der Religionsunterricht wird ebenso staatlich finanziert wie katholische Privatschulen, Krankenhäuser oder Kindergärten. Zwar dienen diese Einrichtungen der Allgemeinheit, doch gelten dort die Regeln der Kirche. In einem katholischen Krankenhaus erwartet einen nicht das gleiche medizinische Angebot, wie in einem staatlichen. Abtreibungen sind dort beispielsweise ein Tabu.
Geht der Einfluss der Kirche zu weit?
Der Initiative gegen Kirchenprivilegien gehen die Einflussmöglichkeiten zu weit. 2013 initiierte sie ein Volksbegehren zur Abschaffung von Kirchenprivilegien. Damit gelang den Initiatoren zumindest ein Eintrag in die Geschichtsbücher: Das Volksbegehren unterschrieb weniger als ein Prozent der Bevölkerung, so wenige wie bei keinem anderen Volksbegehren bisher. Offenbar stellen die Österreicher die Gemeinnützigkeit der Kirche doch weit über deren Einflussmöglichkeiten.
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