• Der Kärntner Maler Hans Staudacher ist in der Nacht auf Sonntag in Wien gestorben.
  • Er galt als der wichtigste österreichische Vertreter des Dadaismus und der "art informel".

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Maler und Dadaist Hans Staudacher ist wenige Tage nach seinem 98. Geburtstag gestorben. Das bestätigte sein Galerist Ernst Hilger gegenüber der APA. Staudacher, der erst am Donnerstag seinen 98. Geburtstag gefeiert hatte, sei friedlich eingeschlafen, sagte Hilger, ein langjähriger Freund des Malers. Die Familie des Künstlers, der zuletzt in einem Altenheim gelebt hatte, habe ihn gebeten, sich um alles zu kümmern.

Staudacher war der wichtigste österreichische Vertreter des Dadaismus und der "art informel", seine Arbeiten finden sich in zahlreichen Gruppenausstellungen. Schon der Volksschullehrer hat es gewusst: Als er den Tisch des Schülers Hans Staudacher sah, bestellte er die Mutter in die Schule. "Der Bub muss Maler werden", habe er gesagt. Der Lehrer habe Maler wie Anstreicher gemeint, "aber ich bin ein Kritzler geblieben", erzählte Staudacher der APA einmal im Interview.

"Wie ein Kärntner halt malt, der so viel Natur um sich herum hat"

Geboren wurde Staudacher am 14. Jänner 1923 in St. Urban am Ossiachersee in Kärnten. Matura habe er keine, nur einen "nachgeschmissenen" Professor. Dafür begann Staudacher schon früh zu zeichnen: Porträts, Landschaften, Zeichnungen. "Wie ein Kärntner halt malt, der so viel Natur um sich herum hat", erklärte er. Seine gegenständliche Malerei ist heute kaum mehr zu finden. Lediglich die Familie hat ein paar Bilder. In Kärnten hielt es ihn aber nicht lange: 1950 übersiedelte Staudacher nach Wien, schloss sich den Secessionisten an und begann, sich ernsthaft mit Malerei auseinanderzusetzen. Seine Vorbilder waren Paul Klee, Wassily Kandinsky, Pablo Picasso oder Joan Miro.

Bei den Künstlern des "Nötscher Kreises", Anton Kolig und Franz Wiegele, holte er sich Inspiration, später beeinflussten ihn auch die Arbeiten von Gustav Klimt, Egon Schiele oder Alfred Kubin stark. Seine Parisreisen und -aufenthalte zwischen 1954 und 1962 hinterließen nachhaltige Spuren in Staudachers Werk: In der französischen Hauptstadt traf er auf die Kunstszene der "art informel", die einen Gegenpol zur geometrischen Abstraktion bildete und ihre Malerei in ein lyrisches, formloses Spannungsfeld setzte.

"Ich war oft ein bisschen voraus"

Fortan widmete sich Staudacher der abstrakten Malerei und wurde unter anderem mit seinen kalligrafischen Notizen der wichtigste österreichische Maler im Bereich der informellen Kunst. "Ich war oft ein bisschen voraus", so der Maler: "In meine Bilder kann man so viel hineingeheimnissen, was ich erlebt habe."

Der internationale Durchbruch gelang dem Künstler 1965 mit der großen Ausstellung in Paris und der Biennale in Venedig sowie dem Hauptpreis der Biennale in Tokio. "Ich bin immer unkritisch gewesen, sonst wäre ich nicht zum Malen gekommen", sagte er über sich selbst und seine Arbeitsweise. Bekannt ist Staudacher auch für seine Happenings, bei denen er in seinem Atelier mit verschiedenen Materialien wie Holz oder Lumpen experimentierte. Die Anerkennung in Österreich ließ noch einige Jahre auf sich warten: Zum 75. Geburtstag widmete ihm das Kunsthistorische Museum im Palais Harrach eine große Ausstellung. Es folgte die Ehrenmitgliedschaft der Wiener Secession, 2004 erhielt er das Goldene Ehrenzeichen der Stadt Wien.

Seit den 50er-Jahren weisen Staudachers Bilder einen typischen Stil auf, trotzdem ist es immer wieder auch zu Fälschungen gekommen, die zu Gerichtsverfahren und Verurteilungen führten. "Aber mein Material und meine Schichtigkeit können sie nicht." Staudacher malte seine Bilder oft nicht in einem Zug, sondern nach und nach. "Einige Ölgemälde haben ein Jahr lang getrocknet", erzählte er. Einige seiner Bilder sind dabei so wichtig geworden, dass er sie niemals verkaufen würde: "Es gibt Bilder, die kann man nicht hergeben, weil man sie als Säule für den jeweiligen Lebensabschnitt braucht."

Andrea Mayer: "Aus einem Autodidakt wurde ein zorniger, dann alter Wilder"

"Es ist ungut, wenn man alt wird", erklärte der Künstler zu seinem 90. Geburtstag. Bald darauf hörte er endgültig mit der Malerei auf. Wiens Altbürgermeister Michael Häupl hat Staudacher ein Ehrengrab versprochen. Einlösen müsste dieses Versprechen nun sein Nachfolger Michael Ludwig.

Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer würdigte Staudacher als "einen Maler, der sich nicht "vereinnahmen" habe lassen. "In seinem Werk drückte sich das Spezifische einer Weltsicht aus, die sehr bewusst mit dem Gegenständlichen brechen wollte. Staudacher sah sich selbst in einem Wandlungsprozess - aus einem Autodidakt wurde ein zorniger, dann alter Wilder", sagte Mayer in einer Aussendung. "Er war ein vorausdenkender Künstler, der das Kunstleben Österreichs wesentlich bereichert hat, und der nichts Anderes wollte, als malen. Unsere große Anerkennung gilt seinem außergewöhnlichen Lebenswerk." (apa/ash)

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