Der im Spionage-Prozess um Staatsgeheimnisse angeklagte pensionierte Oberst wurde im Sinne der Anklage schuldig gesprochen. Das Urteil der Geschworenen ist jedoch nicht rechtskräftig. Der Beschuldigte sei "in ein strukturiertes staatliches Agentennetzwerk" eingebunden gewesen, warf ihm der Staatsanwalt vor.

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Der Anfang März gestartete Prozess gegen einen Ex-Offizier des Österreichischen Bundesheeres wegen des Vorwurfs der Spionage ist am Dienstagabend am Landesgericht Salzburg zu Ende gegangen. Der zuletzt teilgeständige 71-jährige Salzburger wurde zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt. Das Urteil der Geschworenen ist nicht rechtskräftig.

Der pensionierte Oberst wurde im Sinne der Anklage wegen des Verbrechen des "Verrats von Staatsgeheimnissen" sowie wegen des Vergehens "Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs" und wegen des Verbrechens der "Vorsätzlichen Preisgabe eines militärischen Geheimnisses" schuldig gesprochen.

Der Strafrahmen reichte von einem Jahr bis zu zehn Jahren Haft. Der Prozess fand wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Laut Anklage soll Oberst Staatsgeheimnisse preisgegeben haben

Der Beschuldigte nahm das Urteil an. Der Staatsanwalt gab weder zu dem Urteil noch zu der anschließenden Enthaftung des Angeklagten eine Erklärung ab.

Nach Prozessende erfolgte eine Haftprüfungsverhandlung. Der Salzburger wurde aus der bestehenden Untersuchungshaft enthaftet, weil das Gericht keine Haftgründe mehr gegeben sah, teilte Gerichtssprecher Peter Egger mit. Der Pensionist wurde auf freien Fuß gesetzt.

"Er ist frei, das ist das Wichtigste", zeigte sich sein Verteidiger Michael Hofer im APA-Gespräch erfreut. Sein Mandant habe in dem Prozess ein Teilgeständnis abgelegt.

Laut Anklage soll der pensionierte Oberst zumindest 25 Jahre lang Staats- und militärische Geheimnisse dem russischen Militärgeheimdienst preisgegeben und dafür rund 280.000 Euro kassiert haben. Der ehemalige Oberst habe von 1992 bis Ende September 2018 geheime Informationen über das Österreichische Bundesheer weitergegeben.

Dabei sollen Waffensysteme und Aufgabenstellungen der Land- und Luftstreitkräfte im Vordergrund gestanden sein.

Staatsanwalt: Beschuldigter ein "in ein strukturiertes staatliches Agentennetzwerk"

Der Beschuldigte sei "in ein strukturiertes staatliches Agentennetzwerk" eingebunden gewesen, warf ihm der Staatsanwalt vor. Für seinen jahrzehntelangen Einsatz - auch über die Pensionierung hinaus - habe er die rund 280.000 Euro lukriert.

Bereits im Jahr 1987 soll es während eines Auslandseinsatzes erste Kontakte zum russischen Militärgeheimdienst "Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije" (GRU) gegeben haben.

Der Pensionist saß seit 30. November 2018 in der Justizanstalt Salzburg in Untersuchungshaft. Nach einem russischen Verdächtigen, einem Führungsoffizier, mit dem der Salzburger offenbar in Kontakt gestanden ist, wird noch gefahndet.

Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Vorwürfe zunächst bestritten. "Er sagt, dass er zu keiner Zeit Staatsgeheimnisse oder militärische Geheimnisse verraten hat", erklärte sein Verteidiger vor Prozessbeginn. Sein Mandant habe erklärt, er sei ein Patriot und könne aus Gewissensgründen niemals sein Land verraten.

Der Salzburger habe zwar Informationen ähnlich der Tätigkeit eines Auslandskorrespondenten weitergegeben und dafür rund 220.000 Euro lukriert. Diese Informationen seien aber nicht geheim gewesen, er habe sie aus öffentlich zugänglichen Quellen geschöpft, erläuterte Hofer. Ob das strafbar sei, müsse das Gericht entscheiden.

Angeklagter freundete sich mit russischem Führungsoffizier an

Sein Mandant habe den russischen Führungsoffizier Anfang der 1990er-Jahre kennengelernt, sagte der Anwalt im Vorfeld des Prozesses zur APA. Es habe sich eine gewisse Art von Freundschaft entwickelt, die bis zur "Enttarnung" gehalten habe. Von diesem Mann habe der Angeklagte dann das Geld erhalten.

Detail am Rande: Als im November 2018 Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein damaliger Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) den Spionage-Fall um den Bundesheer-Oberst öffentlich bestätigten, reagierte Moskau indigniert. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies den Spionageverdacht aus Österreich zurück.

Lawrow erklärte laut Agentur Interfax: "Wir werden beschuldigt und es gibt Aufforderungen, dass wir uns für eine Sache entschuldigen, von der wir nichts wissen." Der österreichische Botschafter wurde damals ins russische Außenministerium zitiert.

Russisches Außenministerium kritisiert österreichisches Vorgehen

Nachdem bekannt geworden war, dass in Österreich und per internationalem Haftbefehl nach einem Russen gefahndet wird, der zum Nachteil der Republik Österreich im Inland geheime Aktivitäten des russischen Militärgeheimdienstes GRU betrieben haben soll, hat sich das Außenministerium in Moskau im Juli 2019 dazu ebenfalls kritisch zu Wort gemeldet.

Das österreichische Vorgehen sei laut dem Ministerium "ein Versuch, die Hysterie rund um russische Spione wiederzubeleben", zitierte das russische Online-Nachrichtenportal "Sputnik" aus einer Meldung der Agentur TASS.  © APA

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