Immer wieder beschäftigen Gerichte Prozesse wegen Ruhestörung oder Geruchsbelästigung durch Landwirte. In Frankreich wurde jetzt in Gesetz erlassen, dass das Klagen erschweren soll.

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Stadtmenschen in Frankreich, die aufs Land umziehen und sich dort von krähenden Hähnen oder stinkenden Misthaufen gestört fühlen, können dagegen künftig nicht mehr so einfach vor Gericht ziehen.

Das Parlament in Paris hat ein Gesetz verabschiedet, das Landwirte und andere Betriebe bei der Ausübung ihrer ureigenen Aktivitäten schützt, solange diese rechtmäßig sind. Wer neu aufs Land umzieht, kann also nicht gegen seine Nachbarn klagen, weil muhende Kühe, knatternde Traktoren oder die nächtliche Arbeit in der Bäckerei im Erdgeschoss seine Vorstellung der Landidylle stören.

Neues Gesetz in Frankreich soll Landwirte vor Klagen schützen

Zu Hunderten beschäftigen Nachbarschaftsstreits um Tiergeräusche und Gerüche in Frankreich die Gerichte, auch die Justiz soll mit dem neuen Gesetz entlastet werden.

Schlagzeilen machte etwa der Fall eines Milchviehhalters, der Nachbarn nach Klagen über 100.000 Euro an Schadenersatz zahlen sollte und möglicherweise gar seine Ställe hätte umbauen müssen. 2019 jedoch entschied ein Gericht zugunsten von Hahn Maurice, der nach dem Richterspruch weiterhin ungehindert krähen durfte. Ferienhausbesitzer hatten geklagt, weil sie sich von dem Krähen gestört fühlten. Geschützt sind nun alle Aktivitäten, die Landwirte beim Zuzug neuer Nachbarn bereits legal ausübten.

Um Nachbarschaftsstreitigkeiten um Geräusche und Gerüche auf dem Land einzudämmen, hatte Frankreich 2021 bereits ein Gesetz mit dem Ziel verabschiedet, das sogenannte sensorische Erbe der französischen Landschaften zu definieren und zu schützen. Das Umweltgesetzbuch stellt seitdem fest, dass die Geräusche und Gerüche, die Naturgebiete charakterisieren, Teil des gemeinsamen Erbes der Nation sind.

In Deutschland werden Landwirte ebenfalls häufig verklagt

Auch in Deutschland gab es immer wieder Fälle, bei denen Landwirte von Zugezogenen verklagt wurden, weil ihnen der Gestank der Tiere oder ihre Lautstärke nicht passte. So hatte beispielsweise ein Ehepaar einen Bauern aus Wolfratshausen in Oberbayern verklagt, weil sie die Kuhglocken der Rinder gestört haben, wie der "Bayerische Rundfunk" berichtete. Das Ehepaar wollte ein Glockenverbot von 22 bis 6 Uhr erstreiten, scheiterten aber mit ihrer Klage.

Ebenfalls in Oberbayern, in Holzkirchen, stritt ein Unternehmer-Ehepaar mit einer Landwirtin über die Geräuschkulisse von Kuhglocken vor ihrer Haustür. Später kam auch noch die Geruchsbelästigung durch den Kuhdung dazu, wie der "Münchner Merkur" schreibt. Die Frau gab vor Gericht an, sie könne deswegen nicht mehr schlafen und leide deshalb an Depressionen. Die Fronten schienen verhärtet. Am Ende löste ein Vergleich das Problem.

Könnte das Gesetz aus Frankreich also auch Vorbild für Deutschland sein? Der Landvolk-Vizepräsident aus Niedersachsen, Ulrich Löhr, sagte in dem Zusammenhang dem Branchenmagazin "top agrar online", dass er seine Kollegen aus Frankreich grundsätzlich unterstütze. "Im ländlichen Raum gehören Gackern und Muhen dazu. Und wer dörflichen Sound oder den Duft von Mist nicht aushält, muss sich vielleicht dreimal überlegen, ob er wirklich die Stadt gegen das Dorf eintauschen will."

Ein solches Gesetz brauche es in Deutschland aber nicht. "Eine Dorfgemeinschaft zeichnet sich normalerweise durch Zusammenhalt aus. Wir Landwirte freuen uns über neue Einwohner in den ländlichen Gebieten. Deshalb setze ich auf Dialog und Verständnis, wenn ich auch mal spätabends in der Ernte mit dem Trecker losmuss", sagt Löhr. (dpa/the)

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