Ein weiteres Verwaltungsgericht hat das Bewerbungsverfahren für den Präsidentenposten des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts gestoppt. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht gab nach Angaben vom Dienstag dem Antrag eines unterlegenen Bewerbers in einem Eilverfahren statt. Über die Besetzung des Spitzenpostens müsse daher neu entschieden werden. Im September hatte bereits das Verwaltungsgericht in Münster das Bewerbungsverfahren nach dem Eilantrag eines anderen unterlegenen Bewerbers gestoppt.

Mehr Panorama-News

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf befand nun, dass die Entscheidung zugunsten einer Bewerberin fehlerhaft zustande gekommen sei. Sie beruhe auf einer "rechtswidrigen Überbeurteilung" der Bewerberin - einer Beamtin aus dem Landesinnenministerium - durch Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne). Für die sogenannte Überbeurteilung sei der Justizminister nicht zuständig gewesen.

Limbach steht wegen seiner Rolle in dem Auswahlverfahren seit Wochen in der Kritik. Anfang Oktober verteidigte er sein Verhalten in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses des Landtags in Düsseldorf.

Hintergrund ist der seit rund zwei Jahren unbesetzte Präsidentenposten beim Oberverwaltungsgericht in Münster. Im Juni 2021 bewarben sich drei Bewerber auf den Posten. Der damalige Landesjustizminister Peter Biesenbach (CDU) sprach sich für einen Bewerber aus.

Dessen Nachfolger Limbach entschied jedoch, dass die Verfügung seines Amtsvorgängers nicht weiter ausgeführt werden solle. Im Rechtsausschuss begründete Limbach die Entscheidung damit, er habe den Vorgang zunächst gründlich prüfen wollen.

Wenige Monate später bekundete die Beamtin des Innenministeriums, mit der Limbach persönlich bekannt ist, ihr Interesse an dem Justizposten. Um die Bewerber abschließend zu vergleichen, führte Limbach Überbeurteilungen. Danach hielt er die Bewerberin für hervorragend geeignet. Das Justizministerium schlug daraufhin vor, die Präsidentenstelle mit der Beamtin zu besetzen.

Das Verwaltungsgericht Münster bemängelte eine "manipulative Verfahrensgestaltung" wegen der angenommenen Unterbrechung des Verfahrens durch Limbach. Es befand zudem, der Auswahlprozess sei hinsichtlich der Überbeurteilung "zielorientiert" gesteuert worden.

Dem schloss sich nun das Verwaltungsgericht in Düsseldorf hinsichtlich des Antrags des weiteren unterlegenen Bewerbers nicht an. Die Entscheidung sei "im Übrigen nicht rechtlich zu beanstanden", hieß es. Anhaltspunkte für eine "manipulative Verfahrensgestaltung" sah die Kammer nicht.

Dies gelte auch für den späteren Eingang der Bewerbung der Beamtin rund 15 Monate nach dem Ende der Bewerbungsfrist. Bei der Bewerbungsfrist handle es sich nicht um eine Ausschlussfrist, erklärte das Gericht zur Begründung. Spätere Bewerbungen könnten noch einbezogen werden.

Die Unterbrechung des Bewerbungsverfahrens nach dem Amtsantritt von Limbach rechtfertige es zudem nicht, von einer "einseitigen Bevorzugung" der Bewerberin auszugehen. Limbach habe zudem "die Gründe für die Verzögerung nachvollziehbar geschildert".

Die dienstlichen Beurteilungen - ohne die Überbeurteilungen - seien eine tragfähige Grundlage für die Auswahlentscheidung zugunsten der Bewerberin. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingelegt werden.


  © AFP

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.