Nachdem ein ehemaliger Bürgermeister eine Mitarbeiterin vergewaltigte, muss nun die Gemeinde Schadenersatz zahlen.

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Nach der rechtskräftigen Verurteilung eines oberösterreichischen Ex-ÖVP-Bürgermeisters und Landtagsabgeordneten wegen Vergewaltigung einer Mitarbeiterin haftet die Gemeinde für die Straftat ihres ehemaligen Ortsoberhauptes. Das erkannte der Oberste Gerichtshof (OGH) nun und gab damit der Revision der Mitarbeiterin gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Linz (OLG) Folge, wie "krone.at" und "Kurier" am Freitag berichteten. Die Gemeinde muss Schadenersatz zahlen.

Frau klagt gegen Gemeinde

Die Frau hatte eine Amtshaftungsklage gegen die Gemeinde eingereicht. Das Erstgericht hatte in einem Teil-Zwischenurteil die Amtshaftung bejaht. Das OLG kam dagegen zu der Ansicht, dass ein Amtshaftungsanspruch nicht ausgelöst wurde, da die Tat nur in einem rein äußerlichen örtlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit der Dienstausübung stehe, sie "wurde also nur 'bei Gelegenheit' der Ausübung eines öffentlichen Amts gesetzt".

In den Amtsräumen vergewaltigt

Der OGH gab nun der Revision Folge und begründete: "Mit den Vergewaltigungen, die der Bürgermeister ... in den Amtsräumen verübt hat, tat er genau das Gegenteil dessen, was als Teil der Fürsorgepflicht seine Dienstpflicht gegenüber der Klägerin gewesen wäre." Dass die Handlungen auf persönlichen Motiven beruhen, ändere "vor dem Hintergrund seiner Verpflichtung als leitendes Organ der beklagten Gemeinde nichts am gegebenen massiven Verstoß gegen die Fürsorgepflicht, für die sie als Dienstgeberin einzustehen hat". Die Vergewaltigungen hätten im ausreichenden inneren und äußeren Zusammenhang mit dem hoheitlichen Aufgabenbereich gestanden, nämlich der dem Bürgermeister übertragenen Fürsorgepflicht gegenüber der Mitarbeiterin, hieß es weiter.

Gemeinde behauptet: Unangemessenes Verhalten der Frau

In dem Teil-Zwischenurteil erkannte der OGH, dass das Klagebegehren der Mitarbeiterin, die seit 2018 im Krankenstand war - Zahlung der monatlichen Differenz zwischen Gehalt und Krankenstandsentgelt - dem Grunde nach zu Recht bestehe. Ob auch die Gehaltsdifferenz zwischen Leitungsfunktion und tatsächlichem Verdienst ab 2020 gezahlt werden muss, hänge davon ab, ob sie aufgrund des durch die Vergewaltigungen verursachten Gesundheitszustands nicht mehr mit der Leitungsfunktion betraut wurde oder - was die Gemeinde behauptet - infolge ihres unangemessenen Verhaltens (unabhängig vom Krankenstand). Dazu seien noch Feststellungen vom Erstgericht zu treffen.

Haftstrafe für verurteilten Vergewaltiger

Der Ex-Politiker hat zwischen 2014 und 2016 die Mitarbeiterin zweimal sexuell belästigt, vergewaltigt und - als sie ihr Schweigen schließlich brach - verleumdet. Dafür kassierte er ursprünglich siebeneinhalb Jahre Haft. Er legte Nichtigkeitsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof (OGH) und Berufung gegen die Strafhöhe beim OLG ein. Der OGH wies die Beschwerde zurück und sah den Mann schuldig im Sinne der Anklage. Das OLG reduzierte 2022 die Strafe auf sieben Jahre. (apa/bearbeitet von nap)

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