• ​​​​​​Im Flutgebiet Ahrtal können viele Menschen können das Weihnachtsfest nicht in ihrem Zuhause verbringen.
  • Häufig bieten Freunde und Familie eine vorübergehende Bleibe an.
  • Es fehlt an Heizungen, Weihnachtsdekoration, Spielzeug – weihnachtliche Helfer sind vielerorts mit Geschenken unterwegs.

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Das Haus weihnachtlich dekorieren, Lichterketten aufhängen, den Baum schmücken, Geschenke einpacken - viele Familien bereiten sich zu Hause gerade auf das Weihnachtsfest vor. Doch für zahlreiche Menschen im hart getroffenen Flutgebiet Ahrtal bleibt das in diesem Jahr nur eine Wunschvorstellung – ihre Häuser und Wohnungen wurden von der Flut massiv beschädigt oder sogar zerstört.

Weihnachten im Ahrtal: Belastende Situation

Wenn Familie Zimmer* aus Bad Neuenahr-Ahrweiler in ihrem gerade kernsanierten Haus steht, um den Sanierungsfortschritt zu begutachten, wirkt das alles andere als gemütlich. Immer noch fehlt es an Handwerkern, die die Heizung in Betrieb nehmen. Wenigstens gibt es wieder Strom, doch manchmal kommt es immer noch zu Ausfällen. An eine schöne Einrichtung geschweige denn weihnachtliche Dekoration ist hier nicht zu denken.

"Die Flut kam durch den Hintereingang, hat sich durch das Haus geschlängelt und alles mitgenommen. Immerhin haben wir es jetzt hier wieder sauber und trocken und einen Elektro-Heizofen. Wir schämen uns ein wenig, so zu leben, das ist eine Zumutung. Gott sei Dank können wir bei Verwandten wohnen, sonst wäre es gerade zur Weihnachtszeit ziemlich deprimierend", erzählt der Familienvater.

Zwar sind einige Hilfsgelder bereits bei Familie Zimmer* angekommen, doch immer noch fehlt es an vielem. "Wir sind ziemlich erschöpft, aber man schraubt seine Ansprüche herunter. Unsere Familie ist froh, prinzipiell noch ein Dach über dem Kopf zu haben. Es gibt Familien, denen geht es ganz anders. Die haben kein Zuhause mehr. Und dann noch die psychische Belastung, wenn man Angehörige verloren hat", berichtet Frau Zimmer*. Im Hochwassergebiet Ahrweiler sind durch die Flutwelle 134 Personen verstorben, 766 Menschen wurden zudem verletzt, viele von ihnen sind seelisch traumatisiert.

Tiny Houses als provisorische Bleibe

Für über 60 Familien, die aktuell bis auf unbestimmte Zeit gar nicht mehr in ihre Häuser zurückkönnen, hat die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler nun kleine Container bestellt.

Die Tiny Houses, also kleine mobile Heime, sind ein Provisorium, das jeweils bis zu fünf Personen aufnehmen kann. Sie werden aus Spenden der Aktion "Deutschland hilft" finanziert. Erste Container sind bereits bezugsfertig.

Nach Flutkatastrophe in Ahrtal: Helfer machen Mut und organisieren weihnachtliche Aktionen

Um den betroffenen Menschen eine kleine Freude zu machen, kommen derzeit viele weihnachtliche Helfer ins Ahrtal. Mal verkleidet als Weihnachtsmann, mit einem Bus, der Geschenke an Kinder verteilt und durch die Ortschaften fährt, mal liebevoll kostümiert als Elfe wie Anja Kühn aus Leichlingen. Die Besitzerin eines Fußpflegegeschäfts beschenkt gemeinsam mit Freunden betroffene Kinder vor Ort mit Weihnachtsspielzeug, verschenkt weihnachtliche Dekoration, spendet Heizungen und Heizöfen. Vier Autos und ein Anhänger hat sie dafür beladen und in das Ahrtal gebracht.

Die Idee, vor Ort Geschenke zu verteilen, kam ihr spontan: "Nachdem ich bei uns im Ort selbst tagelang geholfen hatte, Schlamm wegzuräumen, habe ich mich gefragt, ob meine Hilfe noch woanders gebraucht wird. Da im Ahrtal die Infrastruktur zusammengebrochen war, bin ich dort hin und habe, wie die Frisöre anderen die Haare kostenlos machten, Helfern die Füße gepflegt. Auch Spenden habe ich nach da gebracht. Schließlich kam mir dann die Idee, auch zu Weihnachten im Ahrtal zu helfen und dort Geschenke zu verteilen." Als besonders schön empfand die Leichlingerin es, dass sie nicht die Einzige vor Ort war. "Es waren so viele weihnachtlich verkleidete Helfer unterwegs. Diese Dynamik fand ich einfach großartig", erzählt Anja Kühn begeistert.

Der Versuch aus dem Nichts etwas zu machen

Doch die Anzahl der Helfer vor Ort nimmt insgesamt stetig ab, berichtet die Helferin. Die Situation sei eine andere als kurz nach der Flut. Die Häuser seien entkernt und vielerorts getrocknet. Jetzt fehle es vor allem an Handwerkern für die Aufbereitung von Böden, die Kabelverlegung, die gesamte Elektrik.

Eine Familie aus Dernau geht der Weihnachtselfe Anja Kühn nicht mehr aus dem Kopf: "Als ich sie besucht habe, saßen sie auf dem blanken Estrich. Da stehen dann zwei Klappstühle, an den Wänden hängt Weihnachtsbeleuchtung, sie versuchen aus dem Nichts etwas zu machen. Weihnachten verbringen sie aus der Not heraus bei Bekannten. Die haben sich sehr über unsere gespendete Weihnachtsdekoration gefreut."

Ein Weihnachtsfest, das sich ins Gedächtnis brennen wird

Ob die Betroffenen das nächste Weihnachten wieder wie die meisten Deutschen in den eigenen vier Wänden, schön warm und gemütlich, verbringen dürfen, bleibt zu hoffen. All die zerstörten Häuser wieder herzurichten wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen – und noch viel mehr Geduld fordern als bisher. Der Vater der Familie Zimmer* fasst es so zusammen: "Dieses Weihnachten wird uns und unseren Kindern für immer im Gedächtnis bleiben. Doch solange es immer Bekannte, Freunde, Familie gibt, die uns nicht vergessen und uns in dieser besonderen Zeit nicht allein lassen, haben wir Hoffnung."

*Name auf Wunsch der Familie geändert

Verwendete Quellen:

  • Pressemitteilung der Stadt Bad Neuenahr-Ahweiler: Alternativer Wohnraum für Betroffene der Flutkatastrophe
  • Landessregierung Rheinland-Pfalz: Aktuelle Situation - Zahlen und Fakten
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