Aufgrund der kalten Temperaturen kommen derzeit weniger Flüchtlinge nach Österreich als noch im Herbst. Lebensbedrohlich ist der Winter für Flüchtlinge, die sich im Libanon oder in Jordanien befinden. Die Caritas spricht aber davon, dass auch in Österreich einzelne Flüchtlinge auf der Straße überwintern müssen.

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Noch im September des letzten Jahres kamen rund 20.000 Flüchtlinge an einem einzigen Wochenende in Österreich an. Die Meisten davon auf der Durchreise in ein nördliches Zielland wie Deutschland, Schweden oder Dänemark.

Wer von einem starken Winter und so gut wie keinen weiteren Flüchtlingsankünften während der kältesten Jahreszeit ausging, der irrte. Noch immer kommen in Österreich täglich zwischen 3.500 und 4.000 Menschen an. "Wir haben uns gut auf den Winter vorbereitet, damit wir die Flüchtlinge nicht der Kälte und der schlechten Witterung aussetzen müssen", erklärt Markus Glanzer, stellvertretender Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes.

Rotes Kreuz ist gewappnet

Quartiere, die für den Winter ungeeignet erschienen, wurden geschlossen. Zahlreiche weitere Quartiere konnten hingegen adaptiert und wintertauglich gemacht werden. Sie wurden mit genügend Heizmöglichkeiten ausgestattet. "Für die momentane Anzahl ankommender Menschen in Österreich haben wir ausreichend Quartiere zur Verfügung", so Glanzer. Es gebe sogar noch Quartierskapazitäten als Puffer, sofern die Zahlen der Flüchtlinge steigen sollten: "Derzeit verfügen wir über rund 12.000 Quartiersplätze, wovon aktuell etwa 7.000 benötigt werden. Die restlichen 5.000 Plätze sind frei."

Versteckte Obdachlosigkeit

Weniger optimistisch wird die Situation von Gloria Kinsperger, mit zuständig für Flüchtlings- und Migrationsfragen in der österreichischen Caritaszentrale, bewertet: "Das größte Problem ist die versteckte Obdachlosigkeit. Seit Wochen werden Menschen, die in Österreich neue Asylanträge stellen, in die Obdachlosigkeit entlassen beziehungsweise in Notquartiere gebracht."

Rund 7.000 Flüchtlinge seien derzeit in Österreich in Notquartieren zu finden, obwohl sie Anspruch auf Unterbringung in einer Grundversorgungseinrichtung hätten. "Selbst in diesen Quartieren herrscht großer Platzmangel. Die Standards für Grundversorgung werden bei weitem nicht eingehalten und Standards für Notquartiere gibt es nicht", sagt Gloria Kinsperger. Auch Verteilerzentren seien heillos überfüllt.

Überlebenskampf im Winter

Mehr Probleme als in Österreich verursacht der Winter laut Caritas in sogenannten Transitländern wie Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien oder Slowenien. Da die Kälte vor allem für Kranke und Kinder lebensbedrohlich sei, müssten dort rasch wind- und wetterfeste Wartezonen geschaffen werden.

Die Caritas Österreich habe bisher knapp 382.000 Euro für die Versorgung der Flüchtlinge in den betroffenen Regionen bereitgestellt. Insgesamt hat die Caritas Österreich seit Ausbruch des Syrien-Konfliktes im März 2011 über 11 Millionen Euro für die Nothilfe für Syrien-Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. Damit wurden rund 120.000 Menschen, rund die Hälfte davon Kinder, mit dem Allernötigsten in ihren notdürftigen Unterkünften über Partner in Jordanien und im Libanon unterstützt.

Vor allem mit dem Wintereinbruch wird der tägliche Überlebenskampf durch die Kälte und den Schneefall zusätzlich erschwert. Menschen leben dort in Zelten, Hütten und teils unfertigen Häusern.

Ungewisse Zukunft

Deutlich erschwert werden könnte die gesamte Situation durch die jüngsten Entwicklungen: Dänemark und Schweden führten wieder Passkontrollen ein, Deutschland weist vermehrt Flüchtlinge zurück.

Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) geht davon aus, dass momentan rund eine Millionen Menschen unterwegs sind. "Man muss in den nächsten Tagen und Wochen beobachten, wie sich ein eventueller Dominoeffekt auf Österreich auswirkt", sagt Glanzer. Und dafür, dass der Winter in Österreich für so manchen Flüchtling zur Lebensbedrohung werden könnte, spricht eine Schilderung Kinspergers, wenn sie eine Presseaussendung der Caritas zitiert: "In Wien werden vereinzelt Personen, aus einem Notquartier in die Obdachlosigkeit entlassen".

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