Farbattacken der "Letzten Generation" auf das Brandenburger Tor haben deutschlandweit große Empörung ausgelöst. Erste Klimaaktivisten sollen sich nun für ihre "schwergewichtigeren Straftaten" vor Gericht verantworten.
Knapp drei Monate nach der ersten Farbattacke auf das Brandenburger Tor hat die Berliner Staatsanwaltschaft Anklage gegen sechs Klimaaktivisten erhoben. Den Mitgliedern der Gruppe Letzte Generation wird gemeinschädliche Sachbeschädigung vorgeworfen, drei Männern und einer Frau zudem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, wie ein Behördensprecher am Dienstag mitteilte.
Sie sollen an der Farbattacke am 17. September beteiligt gewesen sein, bei dem das symbolträchtige Wahrzeichen mit orangegelber Farbe besprüht wurde. Nach Angaben des Berliner Immobilienmanagements entstand ein Schaden von 115.000 Euro.
Aufwendige Reinigungsarbeiten
Nach den Angaben der Staatsanwaltschaft sind im Zusammenhang mit der Aktion insgesamt 14 Verfahren gegen Verdächtige eingeleitet worden. Die Ermittlungen dazu dauerten noch an. Ein Grund dafür sei vor allem, dass in 6 der Verfahren noch über Beschwerden der Beschuldigten gegen Beschlagnahmungen zu entscheiden sei.
Die Reinigungsarbeiten gestalteten sich aufwendig und waren erst Anfang Dezember beendet. Rund zwei Monate nach der ersten Farbattacke war das Tor erneut von Mitgliedern der Letzten Generation mit oranger Farbe beschmiert worden.
Schwergewichtige Straftaten der Gruppe
Diese Aktionen haben dazu beigetragen, dass in Berlin erneut geprüft wird, ob die Gruppe Letzte Generation als kriminelle Vereinigung einzustufen ist. Die aus ihrer Sicht "schwergewichtigeren Straftaten" der Gruppe waren für Generalstaatsanwältin Margarete Koppers Anlass, die Prüfung in Auftrag gegeben, wie sie der Deutschen Presse-Agentur sagte. Zudem liege inzwischen eine Entscheidung des Landgerichts München im dortigen Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft München vor, erklärte Koppers.
Das Landgericht hatte im November bundesweite Durchsuchungen bei Mitgliedern der Letzten Generation wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung für rechtmäßig befunden. In Berlin wurde ein solcher Anfangsverdacht bislang von der Staatsanwaltschaft verneint.
Koppers betonte, der Auftrag zur Prüfung sei ergebnisoffen erfolgt. "Wir nehmen hier die Fachaufsicht wahr und setzen uns nicht an die Stelle der Staatsanwaltschaft. Wir werden die erbetene Stellungnahme analysieren. Wenn sie gut vertretbar ist, akzeptiere ich das", erklärte die Generalstaatsanwältin.
Mehr als 3.200 Fälle bei der Berliner Staatsanwaltschaft
Aktivisten der Gruppe wurden deutschlandweit in den vergangenen Monaten immer wieder von diversen Gerichten unter anderem nach Straßenblockaden verurteilt, meist aber wegen anderer Straftaten wie Nötigung. Bei einer Verurteilung wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung wären im Vergleich härtere Strafen möglich - unter Umständen bis zu fünf Jahre Haft.
Allein die Berliner Staatsanwaltschaft hat seit Beginn der Aktivitäten der Gruppe 3234 Fälle (Stichtag: 11.12.) auf den Tisch bekommen, wie der Behördensprecher auf Anfrage mitteilte. Häufig richten sich die Vorwürfe gegen dieselbe Person. Dann werden mehrere Verfahren verbunden. Die Behörde habe bislang 120 Anklagen erhoben und in 1053 Fällen eine Verurteilung per Strafbefehl beantragt, sagte der Sprecher. In 191 Fällen beantragte sie beim Gericht eine Entscheidung im beschleunigten Verfahren, in 54 Fällen erfolglos. Bislang gebe es insgesamt 99 rechtskräftige Verurteilungen gegen Klimaaktivisten, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Für Farbattacke aus mehreren Städten angereist
Im nun angeklagten Fall zur ersten Farbattacke auf das Brandenburger Tor richtet sich die Anklage nach den Angaben gegen drei Frauen aus Hamburg (27 Jahre), Berlin (34) und Leipzig (27) sowie drei Männer aus Ravensburg (26), Stuttgart (31) und Prag (51).
Laut Anklage sollen die Hamburgerin und die Berlinerin im September mit einem präparierten Feuerlöscher nicht wasserlösliche Farbe auf eine Säule beziehungsweise Farbe auf dem Boden zwischen den Säulen ausgekippt und verteilt haben. Die drei anderen Klimaaktivisten sollen währenddessen versucht haben, mithilfe einer Hebebühne auf das Wahrzeichen zu gelangen, um ein Transparent aufzuhängen und ebenfalls Farbe zu verteilen.
Polizisten schritten jedoch ein, um dies zu verhindern. Dabei soll es laut Anklage zu einem riskanten Einsatz von zwei Polizisten gekommen sein: Weil sich die Klimaaktivisten nicht aufhalten lassen wollten, erreichten die Beamten das Bedienpult der Hebebühne erst in einer Höhe von mehr als zwei Metern - von außen an dem Fahrzeug hängend.
Wann der Prozess vor dem Amtsgericht Tiergarten beginnt, ist noch unklar. Zunächst muss das Gericht die Anklage zulassen. (dpa/lag)
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