Ex-Miss Austria, Katia Wagner, wurde zur "Wut-Unternehmerin" nachdem sie Auflagen des Arbeitsinspektorats für ihr Waxing-Studio in Wien öffentlich kritisierte. Nach vielen Diskussionen und Rückendeckung durch Politiker nun die Ernüchterung: Wagner sperrt mit Mai ihr Unternehmen zu - 70 Jobs sind gefährdet.

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In ganz Österreich ist bekannt: Wer ein Unternehmen gründet und erfolgreich führen will, muss sich dem Willen der Behörden und Arbeitsinspektoren beugen. In ganz Österreich? Nein. In der Wiener Innenstadt versucht Ex-"Miss Austria Earth" und Gründerin des Schönheitssalons "The Beauty Bar", Katia Wagner, seit Anfang des Jahres gegen den Bürokratie-Wildwuchs anzukämpfen. Der Auslöser: Im Jänner beschloss das Arbeitsinspektorat in ihrem Fall, dass "Intim-Enthaarungen nur in Räumen mit Fenstern ins Freie durchgeführt werden dürfen." Dabei ging es in erster Linie um das Wohl der Mitarbeiterinnen, die nicht in dunklen Räumen arbeiten sollten. Zweitrangig war die Privatsphäre der Kunden.

Facebook-Posting löste Streit aus

Die 29-Jährige nahm den Vorfall zum Anlass, die Vorgaben des Arbeitsinspektorats kritisch zu hinterfragen und tat ihren Unmut öffentlich auf Facebook kund. Sie werde künftig ihre Kunden einfach im Schaufenster enthaaren, witzelte sie. Die Meldung schlug ein und wurde zum Selbstläufer. Rückendeckung bekam die Beauty-Unternehmerin nach dieser Wortmeldung von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP), der aus Solidarität und als Zeichen gegen "bürokratischen Pflanz" Wagner in ihrem Studio besuchte.

Nach öffentlicher Kritik folgten weitere Auflagen

Bei den zuständigen Behörden wurde der öffentlichkeitswirksame Schaukampf nicht so gut aufgenommen. Die Kontrollmaßnahmen wurden erweitert. Am 13. März meldete die Besitzerin des Waxing-Studios – wieder über Facebook: "Ich sehe nun die Herrschaften des Arbeitsinspektorats öfter als meine Eltern und ich glaube, dass ich bald sämtliche Arbeitsinspektoren, die Wien so zu bieten hat, in meinem Studio begrüßen durfte. Nein, leider nicht zum Waxing, sondern zu Kontrollbesuchen. Leider hat sich das Thema auch nicht wider Erwarten lösen lassen. Ganz im Gegenteil, wir freuen uns, verkünden zu können, dass sich die Anzahl an Auflagen, die an uns gestellt werden, nun mehr als verdoppelt hat." Zudem wurde gegen Wagner eine Strafanzeige gestellt.

Mitterlehner zu Stöger: "Betriebe arbeiten lassen"

Währenddessen wurde der Fall zum Politikum. Wieder gab es Rückendeckung von Mitterlehner: "Meine Forderung an den Sozialminister: (Stöger, Anm.) Schikanen einstellen, Betriebe arbeiten lassen! Arbeitnehmerschutz ist uns allen wichtig, muss aber praxistauglich gestaltet sein, daher möglichst rasch reformieren. Ich teile das Anliegen von Katia Wagner", teilte der Vizekanzler über seine Facebook-Seite mit.

"Inspektoren lassen sich nicht von Posting beeinflussen"

Im Sozialministerium verteidigt man das Vorgehen der Inspektoren. Es habe im besagten Beauty-Salon bei Fluchtwegen, Notausgängen und der Belüftung schwerwiegende Mängel gegeben, sagt Andreas Berger, Pressesprecher von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) und ergänzt: "Die Arbeitsinspektoren machen ihre Arbeit und lassen sich dabei nicht von einem Facebook-Posting beeinflussen."

Zu der Strafanzeige gegen die Beauty-Queen könne er aufgrund des laufenden Verfahrens nichts sagen. Allerdings habe sich Wagner mehrmals nicht an die gestellten Auflagen gehalten und die Mängel nicht behoben. Das sei auch der Grund für die vielen Besuche der Inspektoren gewesen. Das Arbeitsinspektorat mache seine Arbeit nicht aus Jux und Tollerei: "Es gab Beschwerden wegen hygienischen Mängeln. Diesen muss konsequent nachgegangen werden."

Arbeiterkammer schießt sich auf Wagner ein

Unterstützung bekommt das Sozialministerium von der Arbeiterkammer Wien, die kurz nach dem Facebook-Posting Wagners mit einer Aussendung reagierte. "Wenn bei einem Unternehmen mit zirka 40 Mitarbeitern pro Jahr zehn Beschwerden bei uns einlangen, dann muss dem nachgegangen werden", formuliert darin Hans Trenner, Leiter des Beratungsbereiches der AK Wien. "Würden alle Arbeitgeber so mit ihren Beschäftigten umgehen, würde die Schlange der Beratungssuchenden bei uns von der Prinz Eugen Straße bis zum Schwarzenberg Platz reichen – und zwar täglich."

Wagner wiederum konterte mit einem erneuten Facebook-Posting gegen die "durch Steuergeld finanzierten Aussendungen" und rief zum Ratespiel auf:

Aus für Beauty-Salon: "Politiker sollen sehen, was sie anrichten"

Am Dienstag dann das offizielle Aus von Wagner: Sie werde ihre "Beauty Bar" mit Mai schließen, wolle beruflich aber der Branche erhalten bleiben. Der Tageszeitung Kurier über sagte sie: "Die Konsequenz ist, dass jetzt 70 Leute ihren Job verlieren. Die Politiker sollen sehen, was sie anrichten."

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