In sozialen Netzwerken kursiert die Behauptung, der international bekannte Impfgegner Robert Kennedy Jr. habe einen Prozess vor dem Obersten Gerichtshof der USA gewonnen. Der Gerichtshof habe bestätigt, dass COVID-19-Impfungen "irreparable Schäden" verursachen. Das ist falsch – die Klage hat es nie gegeben.
Auf Facebook und Twitter verbreitet sich die Behauptung, Robert F. Kennedy Jr. habe in den USA einen Prozess gegen "alle Pharmalobbyisten" gewonnen: "In seinem Urteil bestätigt der Oberste Gerichtshof, dass die durch die mRNA-Gentherapien von COVID verursachten Schäden irreparabel sind", heißt es in den Posts zum Beispiel.
Ein anderer Facebook-Beitrag bezieht sich auf einen deutschen Blogartikel vom 14. August, in dem die Behauptung im selben Wortlaut zu finden ist. Der Artikel ist aktuell nicht mehr aufrufbar. Eine archivierte Version zeigt aber, dass sich dieser wiederum auf einen englischsprachigen Blog von Juli 2022 bezog. Auch auf WhatsApp schickten uns Leserinnen und Leser den Kettenbrief zu.
In dem englischen Text lautet die Behauptung etwas anders:
Diese Behauptungen sind allesamt falsch – und nicht neu, wie eine Recherche von CORRECTIV.Faktencheck zeigt. Kennedy, Neffe des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy und international bekannter Impfgegner, wird in einem der Blogartikel zudem fälschlich als US-Senator bezeichnet.
Urteil über die Sicherheit der COVID-Impfstoffe ist erfunden
Auf der Website des Obersten Gerichtshofs (Supreme Court) der USA sind die Entscheidungen der vergangenen Jahre einsehbar. Wir fanden dort kein Urteil zu "irreparable Schäden" durch die mRNA-Impfstoffe oder der Sicherheit der Impfstoffe der "letzten 32 Jahre".
Eine einfache Suche zu "Robert Kennedy" auf der Webseite des Gerichts liefert ebenfalls keine relevanten Ergebnisse. Es gibt lediglich eine Stellungnahme zu einem Urteil vom 27. Juni 2022 mit einem Kläger namens Kennedy – dabei handelt es sich allerdings um einen ehemaligen Highschool-Fußballtrainer.
Der US Supreme Court ist in etwa vergleichbar mit dem in Karlsruhe ansässigen deutschen Bundesverfassungsgericht. Eine solche Entscheidung zu COVID-Impfstoffen wäre so relevant, dass Medien international darüber berichtet hätten. Es finden sich jedoch keine Medienberichte über das angebliche Urteil.
Robert Kennedy Jr. dementierte eine ähnliche Behauptung schon letztes Jahr
Schon 2021 kursierte die Behauptung über ein angebliches Urteil zur Sicherheit aller Impfstoffe, unter anderem auf Spanisch und Griechisch. Darin wird, wie auch in den aktuellen Beiträgen, Robert Kennedy Jr. mit einer angeblichen Stellungnahme dazu zitiert.
Kennedy sagte der Faktencheck-Redaktion von Associated Press (AP) bereits im September 2021, dass es sich um eine Falschmeldung handle. Der Artikel sei eine Fehlinformation und sein angebliches Zitat erfunden. Zwar ist Kennedy nach eigenen Angaben in verschiedene COVID-19 betreffende Klagen involviert. Keine sei jedoch vor dem Obersten Gerichtshof erschienen, sagte er AP.
Der Rechtsanwalt Robert Kennedy Jr. ist ein bekannter Impfgegner. 2016 gründete er die impfkritische Organisation Children’s Health Defense und begann während der Pandemie, gegen COVID-19-Impfungen Stimmung zu machen. Er spricht unter anderem von einer Weltverschwörung der Pharmaindustrie, die Regierungen weltweit kontrolliere. Seine Vernetzung mit Impfgegnern in Deutschland und Europa haben wir Anfang des Jahres in einer Recherche beleuchtet.
Immer wieder kursieren irreführende Behauptungen zu der angeblichen Schädlichkeit der mRNA-Impfstoffe, worüber wir mehrfach berichteten. Es gibt keine Belege für diese Behauptungen. Die Aussage, die mRNA-Impfstoffe veränderten unsere Gene, ist falsch. Zudem kursierten in der Vergangenheit ähnliche Falschmeldungen über eine angebliche Klage gegen das US-Unternehmen Pfizer vor dem Internationalen Strafgerichtshof.
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