Welche Folgen Angriffe von Cyberkriminellen haben können, ist ihnen vermutlich selbst nicht immer klar. In einem Schweizer Dorf starb eine Kuh, weil ihr Halter gehackt worden war - zumindest seiner Ansicht nach könnte das Tier ohne die Cyberattacke noch leben.

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In der Schweiz ist eine Kuh indirekt durch einen Hackerangriff ums Leben gekommen. Unbekannte hatten den Melkroboter eines Bauern aus Hagendorn bei Cham im Kanton Zug mit einer Ransomware verschlüsselt. Sie forderten 10.000 Dollar von Vital Bircher, um die Daten wieder freizugeben. Lösegeld, das der Landwirt nicht bezahlte.

Bircher vermutete zunächst ein Funkloch, als er keine Melkdaten mehr erhielt. Dann stellte er bei einem Anruf beim Hersteller des Melksystems fest, dass er gehackt worden war. Somit konnte Bircher auf wichtige Informationen nicht mehr zugreifen - was am Ende einer seiner trächtigen Kühe das Leben kostete.

Ein Melkroboter dient dazu, das Melken zu automatisieren. Ein Halsband mit Chip regelt den Zugang zum Melkstand, das Melken und die Fütterung. Verbundene Computer erfassen und speichern auch Daten über die Tiere - etwa Name, Gewicht, Milchleistung, Gesundheitszustand und Informationen über die Trächtigkeit eines Tiers.

Bauer erkennt Notfall bei Kuh nicht - und muss sie einschläfern lassen

Weil die Melkanlage in Teilen unabhängig vom Computer funktionierte, konnte der Landwirt seine 70 Kühe zwar weiter melken, aber auf die Vitaldaten nicht mehr zugreifen. Bei einer seiner Kühe war das Kalb im Mutterleib gestorben - Bircher erkannte wegen der fehlenden Daten den Notfall nicht rechtzeitig und musste das Tier einschläfern lassen.

"Wir haben alles versucht, um die Mutter zu retten, aber am Ende mussten wir sie einschläfern", sagte Bircher der "Luzerner Zeitung" (Bezahlinhalt). "Eines der Tiere lag immer wieder in derselben Box und als ich es eines Tages nicht mehr aufschrecken konnte, wusste ich, dass etwas nicht stimmte." Er ist sich sicher: Hätte er das genaue Datum der Besamung der Kuh gehabt, hätte er schneller reagieren können.

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Natürlich habe er darüber nachgedacht, das Lösegeld zu bezahlen, sagte der Bauer der Zeitung. Aber es gelang ihm, mithilfe einer alten Version der Software zumindest einen Teil der Daten wiederherzustellen. Und trotzdem ist der angerichtete Schaden beträchtlich: Rund 6.000 Franken kostete Bircher der Angriff, inklusive Tierarztkosten und der Anschaffung eines neuen Computers.

Der Vorfall hatte sich bereits im November 2023 ereignet, er wurde aber erst jetzt bekannt. Noch immer ist unklar, wer hinter der Cyberattacke steckte.

Nicht der erste Fall eines gehackten Melkroboters

Vital Bircher ist der erste, auf den ein solcher Anschlag verübt wurde. Laut Sandra Helfenstein, Mediensprecherin des Schweizer Bauernverbandes, gab es bereits mehrere Vorfälle ähnlicher Art. Es sei jedoch kein Massenphänomen und nicht jeder Fall sei gleich gravierend. "Wenn man ein paar Tage die Milchmenge nicht ablesen kann, ist das wahrscheinlich keine 10.000 Franken wert", sagte sie der "Luzerner Zeitung".

Zuletzt hatte die "Bauern-Zeitung" Ende April von einem Cyberangriff auf einen Melkroboter berichtet. Betrüger schickten dem Landwirt eine E-Mail und als der auf den Anhang klickte, installierte sich ein Schadprogramm, das auch den Melkroboter lahmlegte.

Drei Tage dauerte es, bis das System von Spezialisten neu aufgesetzt werden konnte. In der Zwischenzeit mussten die Kühe des Landwirts mithilfe eines Notmelkstands gemolken werden - 100 Kühe von Hand zu melken, ist schlicht unmöglich. (ank)

Verwendete Quellen

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