Es ist eine der umstrittensten Bälle Österreichs: Am Freitag findet der alljährliche "Akademikerball" statt. Die Veranstaltung ist das mit Abstand umstrittenste Ereignis der Wiener Ballsaison. Nicht zuletzt, weil der rechte Ball in der traditionsreichen Hofburg stattfindet – bis heute. Eine Chronologie.
Wie schon in den Jahren zuvor wird der von der FPÖ ausgerichtete "Akademikerball" am 30. Jänner von Gegendemonstrationen begleitet werden: Zwei große Demonstrationszüge und mehrere Kundgebungen sind angemeldet. Die Polizei rechnet mit etwa 6.000 Demonstranten. Am Heldenplatz ruft das Bündnis "Jetzt Zeichen setzen" zu einer Kundgebung mit dem Motto "Kein Salon dem Rechtsextremismus!" auf. Der alljährlich am letzten Freitag im Jänner stattfindende Akademikerball gilt als inoffizieller Nachfolger des Balls des Wiener Korporationsringes (WKR) und zieht vor allem in den letzten Jahren immer mehr Kritik und Proteste auf sich.
1952: Die Anfänge des Wiener Korporations-Balls
Das erste Mal fand der Ball des Wiener Korporationsrings im Jahr 1952 statt, damals noch im Wiener Konzerthaus. Ende der 60er Jahre wurde der Ball in die Hofburg verlegt. Laut des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) wird der WKR von Burschenschaftern aus rechtsextremen Verbindungen dominiert. Beim alljährlichen WKR-Ball tanzen allerdings nicht nur die Mitglieder der farbentragenden und deutschnationalen Wiener Burschenschaften Walzer, es treffen sich auch rechte und rechtsextreme Politiker aus ganz Europa.
Rechte Politiker aus ganz Europa
Zu regelmäßigen Gästen gehören beispielsweise Politiker der extrem rechten Regionalpartei "Vlaams Belang" aus Belgien, Vertreter der deutschen NPD oder Marine Le Pen vom "Front National" aus Frankreich. Als Vernetzungstreffen der österreichischen und europäischen Rechten wird der Ball von den Gegnern kritisiert. Seit 2008 gibt es regelmäßige Demonstrationen dagegen, die in teilweise heftige Auseinandersetzungen zwischen linksextremen Gruppen und der Polizei mündeten. 2011 wurde wie schon im Vorjahr die Demonstration gegen den Burschenschafterball untersagt – eine Entscheidung, die der Verfassungsgerichtshof zwei Jahre später als verfassungswidrig aufhob.
Ausgerechnet auf den 27. Jänner fiel der WKR-Ball im Jahr 2012 – und damit auf den internationalen Holocaust-Gedenktag, den Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz. Bereits im Vorfeld des Balls kam es zu Protesten.
2013: Der WKR-Ball wird zum Akademikerball
Schon Ende 2011 sprachen sich die Casinos Austria als Mitgesellschafter der Betreibergesellschaft der Wiener Hofburg gegen den Ball aus – aufgrund der geltenden Verträge konnte der Ball für das Jahr 2012 aber nicht mehr abgesagt werden. Daraufhin übernahm die FPÖ den Ball vom Korporationsring und richtete ihn für das Jahr 2013 als "Akademikerball" aus. Geändert hat sich allerdings nur der Name: Der Organisator der Veranstaltung blieb weiterhin FPÖ-Gemeinderat Udo Guggenbichler.
Die österreichische UNESCO-Kommission strich den "Wiener Ball" aus dem Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich. Man habe die Nennung des WKR-Balles "übersehen", teilte die Organisation mit und reagierte damit auf Kritik von unter anderem Elfriede Jelinek.
2014: Vermummungsverbot, Eskalation und der Fall Josef S.
Den meisten Wienern müssten die Ereignisse des letzten Jahres noch gut in Erinnerung sein: Wochenlang wurde 2014 nach dem "Akademikerball" öffentlich diskutiert: Über die teils randalierenden Demonstranten und die zahlreichen Sachbeschädigungen einerseits und das harte Vorgehen der Polizei auch gegen friedliche Demonstranten andererseits. Für Debatten sorgte auch das von der Polizei verhängte Vermummungsverbot, das riesige Sperrgebiet, das große Teile der Innenstadt umfasste und das Platzverbot für Journalisten.
Schlagzeilen machte auch der Prozess gegen den deutschen Studenten Josef S., der im Zusammenhang mit den Krawallen verhaftet wurde und dessen Verurteilung auf den Angaben eines einzigen Polizisten beruhte. Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl wurde für das Vorgehen der Polizei scharf kritisiert. Einer Resolution von Grünen und SPÖ im Wiener Gemeinderat, den Akademikerball nicht mehr in der Hofburg abzuhalten, da er als "internationales Vernetzungstreffen von Rechtsextremen dem Ruf Wiens geschadet" habe, stimmte die ÖVP nicht zu.
Gedenkjahr 2015 – 70 Jahre danach
Heuer jährt sich die Befreiung Österreichs durch die Alliierten das 70. Mal und auch in diesem Jahr findet der umstrittene Ball statt. In dieser Woche wurde ein Demonstrationsverbot für mehrere Gegenkundgebungen und zwei FPÖ-Veranstaltungen ausgesprochen. FPÖ-Chef Strache verliert indes nicht die Lust an provokanten Vergleichen: So twitterte er vor einigen Tagen: "Am nächsten Freitag werden die Stiefeltruppen der SA (Sozialistische Antifa) wieder durch Wien marschieren".
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