Nach der Bluttat in Annaberg wird vielerorts der Ruf nach einem schärferen Waffenrecht laut. Auch von einem verpflichtenden Psychotest für Jäger ist die Rede. Wir haben mit Georg Zakrajsek, Jurist und Vertreter der Interessensgemeinschaft Liberales Waffenrecht, gesprochen.
Christian Hölzl, Sprecher des Österreichischen Tierschutzvereins, fordert im Gespräch mit Ö1 eine "Gleichstellung von Jägern mit anderen Waffenbesitzern im Waffengesetz". Dazu gehöre eine verpflichtende psychologische Verlässlichkeitsprüfung für Jagdanwärter und Jäger. Ähnlich sieht es Udo Jesionek von der Opferschutzorganisation Weißer Ring: "Ich glaube, dass jeder, der mit Waffen hantiert, einem psychologischen Test unterzogen werden soll." Er kritisiert, dass zu viele Waffen im Umlauf seien.
In Österreich werden Waffen in vier Kategorien eingeteilt. Gruppe A sind Kriegswaffen, an die man im Normalfall nicht herankommt. In Gruppe B sind sogenannte Kurzwaffen zusammengefasst, etwa Pistolen, Revolver und auch halbautomatische Waffen. Hier ist die Stückzahl auf zwei begrenzt. Wer mehr kaufen möchte, braucht eine Genehmigung der zuständigen Behörde, also der Bezirkshauptmannschaft oder Polizeidienststelle. Darüber hinaus benötigt man für Waffen der Gruppe B Besitzkarte und zum Mitführen zusätzlich einen Waffenpass.
Jagdwaffen - Waffen der Gruppen C und D - sind hierzulande für jeden Bürger frei erhältlich, sofern er eine Begründung hat - sie also beispielsweise zur Selbstverteidigung braucht oder Schießsportler ist. Ein psychologisches Gutachten ist dafür nicht nötig. Auch eine Obergrenze gibt es nicht: Jeder kann so viele Langwaffen kaufen, wie er sich leisten kann. Zwar sind die Waffen zu melden, Kriterium für den Erwerb ist jedoch nur, dass der Käufer über 18 Jahre alt und unbescholten ist. In Deutschland braucht indes jeder eine Genehmigung, wenn er eine Waffe kauft. Seine Gründe werden von den Behörden geprüft.
In der Öffentlichkeit entbrennt nach den Vorfällen der vergangenen Woche eine heftige Diskussion zum Thema "Jäger und Gefährdungspotenzial". Zur Recht?
Georg Zakrajsek: Es gibt zwei Kernfragen: Kann man so etwas verhindern? Und ist das Gesetz dazu in der Lage? Die Politik ist gezwungen, Rezepte anzubieten. Sie glaubt, sie muss das Waffengesetz verschärfen, damit man keine Waffen kaufen kann. Dann kann niemand mehr wildern und Polizisten erschießen. Das ist eine Fehleinschätzung.
Inwiefern?
Zakrajsek: Der normale Schluss lautet: weniger Waffen = weniger Tote. Das stimmt so aber nicht. Das Waffenrecht zu verschärfen, bringt nichts. Das hat man auch in Deutschland gesehen. Erst passiert Erfurt, dann verschärft man die Gesetze, dann passiert Winnenden. Dieser Mann hat gewildert. Das ist verboten. Er hat eine Polizeisperre durchbrochen. Das ist verboten. Er hat getötet. Auch das ist verboten. Er hat jede Menge Straftaten begangen. Glauben Sie, der hält sich an ein Waffengesetz?
Alois H. hat für sechs Waffen Besitzkarte und Waffenpass besessen. Die Polizei vermutet, der Großteil seines Arsenals stamme aus Einbrüchen.
Zakrajsek: Das ist das Problem. Wenn man darüber redet, das Waffengesetz zu verschärfen, werden illegale Waffen natürlich nicht berücksichtigt. Der Gesetzgeber macht sich keinen Kopf darum. Die kann man nicht überprüfen, weil man naturgemäß nichts von ihnen weiß. Wenn dann etwas passiert, schauen alle dumm. Ich schätze, dass in Österreich etwa 10 bis 20 Millionen illegale Waffen kursieren.
Jäger brauchen keinen Psychotest, um Faustwaffen zu kaufen. Hätte man Alois H. mit einem Test aushebeln können?
Zakrajsek: Auch bei Jägern wird abgeprüft, ob sie geistig dazu befähigt sind, eine Waffe zu tragen. Es gibt immer kriminelle Ausreißer. Das war so einer. So traurig es ist: Für solche Fälle gibt es keine Lösung. Der Täter hat allein agiert. Hätten Freunde, Familie, Bekannte gesagt "Mit dem stimmt etwas nicht", hätte das vielleicht anders ausgeschaut.
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