Im französischen Grenoble hat am Montag der Berufungsprozess gegen einen als "Personalchef-Killer" bekannt gewordenen Mann begonnen, dem dreifacher Mord und ein versuchter Mord angelastet werden.
Der 49-Jährige hatte gegen eine Verurteilung zu lebenslanger Haft durch das Landgericht in Valence im vergangenen Sommer Berufung eingelegt. Das Gericht hatte den arbeitslosen Ingenieur aus Lothringen für schuldig befunden, zwei Personalleiterinnen und eine Arbeitsamtsmitarbeiterin erschossen zu haben. Außerdem hatte er versucht, einen weiteren Personaler zu erschießen.
Zu den Taten kam es im Januar 2021 binnen drei Tagen im Elsass sowie in Südfrankreich. Zu den Opfern gehörte auch die Personalchefin der Frankreich-Niederlassung des fränkischen Baustoffherstellers Knauf im elsässischen Wolfgantzen, Estelle L.. Der Täter kannte sie wegen ihrer früheren Tätigkeit als Praktikantin im Personalbereich eines anderen Unternehmens.
Blutige Rache für nicht verkraftete Entlassungen
Zum Motiv hatte der Angeklagte im Prozess weitgehend geschwiegen. Die Anklageschrift machte aber deutlich, dass dieser sich an denen rächen wollte, die er für sein gescheitertes Berufsleben verantwortlich macht. Drei der vier Opfer waren an Entlassungen, von denen der Mann vor etlichen Jahren betroffen war, beteiligt. Über die beiden Tatwaffen hatte der Sportschütze, der zeitweise auch in Deutschland arbeitete, legal verfügt.
Im Zentrum der Wiederauflage des Prozesses wird ein neues psychiatrisches Gutachten zu dem Angeklagten und die Frage seiner Schuldfähigkeit stehen. Die Verteidigung hatte bereits im ersten Prozess darauf plädiert, ein beeinträchtigtes Urteilsvermögen des Angeklagten während der Taten zu berücksichtigen.
Angehörige wollen Höchststrafe und Erklärung für kaltblütige Tat
Für die Angehörigen der mit Schüssen aus nächster Nähe aus dem Leben gerissenen Frauen bedeutet der neue Prozess einen "erneuten Marathon des Horrors", wie Ehemann Jean-Luc Pasquion der Zeitung "Les Dernières Nouvelles d'Alsace" sagte. "Ich erwarte nichts von ihm. Mein Hass ist ungebrochen. Ich bitte das Berufungsgericht lediglich, die Höchststrafe zu bestätigen. Es wäre ein Horror, wenn sie herabgesetzt würde."
Die Familie von Estelle L. erhofft sich vom Angeklagten, wie ihre Anwältin sagte, "dass er erklärt, weshalb er sie kaltblütig getötet hat, obwohl sie zum Zeitpunkt seiner Entlassung bloß Praktikantin war". Die 39 Jahre alte Mutter von zwei damals neun und elf Jahre alten Mädchen wollte am Tatabend gerade nach Hause fahren, als der Schütze sie auf dem Firmenparkplatz abpasste. "Ich fahre los", lautete die letzte Handynachricht an ihre Tochter. © dpa
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