Mitglieder der sogenannten Pathologie-Konferenz behaupten, sie hätten das Spike-Protein, das der Körper durch die COVID-19-Impfung produziert, bei einer verstorbenen Person nachgewiesen. Das soll beweisen, dass die Impfung gefährliche Schäden im Körper anrichtet. Belege für ihre Behauptung liefern sie nicht. Pathologen äußern gleich mehrere Zweifel an der Behauptung.

Mitte Januar veröffentlichte das Team der sogenannten Pathologie-Konferenz eine Pressemitteilung: Angeblich sei es gelungen, das sogenannte Spike-Protein, das der Körper zum Beispiel nach einer Impfung gegen COVID-19 bildet, in den Gefäßen einer verstorbenen Person nachzuweisen. Das sei angeblich ein Beweis dafür, dass COVID-19-Impfungen zu Entzündungen und Beschädigungen des menschlichen Gewebes führen.

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CORRECTIV.Faktencheck hat bei drei Pathologen nachgefragt, was an der Behauptung dran ist. Alle drei äußern Zweifel. Und: Schon im September 2021 verbreitete die Pathologie-Konferenz unbelegte Behauptungen.

Was ist das Spike-Protein?

Das Spike-Protein ist ein Bestandteil von SARS-CoV-2. Das Coronavirus nutzt das Protein, um an menschliche Zellen anzudocken und sie dazu zu bringen, das Virus aufzunehmen. Anders ausgedrückt: Das Coronavirus braucht das Spike-Protein, um eine Zelle befallen zu können und sich darin zu vermehren, wie das Max-Planck-Institut auf seiner Webseite schreibt.

Die mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 enthalten genetische Informationen des Coronavirus, die menschliche Körperzellen dazu anregen, selbst das Spike-Protein des Virus zu produzieren. Gegen dieses Protein bildet der Körper Abwehrstoffe, um später gegen das echte Virus geschützt zu sein. Das Impf-Spike-Protein ist an die Körperzellen gebunden. Belege dafür, dass es Schäden auslöst, sollte es sich in geringen Mengen dennoch im Körper verteilen, sahen Experten im vergangenen Jahr nicht.

Das Spike-Protein des Coronavirus unterscheidet sich folglich von den Spike-Proteinen, die der Körper selbst nach einer COVID-19-Impfung produziert.

Wird das Spike-Protein nachgewiesen, könnte es sich um eine COVID-19-Infektion handeln

In der Pressemitteilung der Pathologie-Konferenz heißt es, man habe das Impf-Spike-Protein "in den Gefäßen einer 4 Monate nach der ‘Impfung‘ verstorbenen Person" nachgewiesen. Der Nachweis sei mithilfe "konventioneller Immunhistochemie" gelungen. Was bedeutet das?

Immunhistologische Methoden ermöglichen es, Gewebe auf Proteine und Antikörper zu untersuchen und diese dort nachzuweisen. So ein Nachweis gelingt, indem das Gewebe mittels einer speziellen Reaktion gefärbt wird. Wie die Pathologen konkret vorgingen, geht aus der Mitteilung nicht hervor. Es wurden auch keine Abbildungen von dem angeblichen Nachweis veröffentlicht.

Konrad Steinestel, Klinischer Direktor des Instituts für Pathologie am Bundeswehrkrankenhaus in Ulm, erklärte, mit einer Immunhistochemie könne man bestimmte Proteine in einem Gewebe nachweisen. Aber: Nur bei "einer exakten Angabe der Methodik" und bei "qualitativ hochwertigen Abbildungen" könne ein angeblicher Nachweis sicher beurteilt werden.

Peter Boor vom Institut für Pathologie an der Uniklinik Aachen schrieb uns, dass bei einem Nachweis des Spike-Proteins zunächst davon auszugehen sei, dass es sich um eine Infektion mit dem Coronavirus handelt. Das sei die wahrscheinlichste Option und müsse zunächst ausgeschlossen werden. Ob die Mitglieder der Pathologie-Konferenz das getan haben, geht aus der Pressemitteilung ebenfalls nicht hervor.

Ist Omikron-Variante BA.2 gefährlicher? WHO kommt zu eindeutigem Ergebnis und hat positive Nachricht

"Kein Unterschied" zu BA.1: Diese Nachricht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist positiv. Entgegen erster Annahmen ist die Omikron-Variante BA.2 nicht gefährlicher. Außerdem gibt's eine weiteren Anlass zur Hoffnung. (Teaserbild: picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann)

Immunhistochemie: Ein Nachweis des durch die Impfung gebildeten Spike-Proteins ist laut Experten "nicht bekannt"

In der Pressemeldung heißt es, dass speziell das Spike-Protein nachgewiesen wurde, das der Körper nach einer Impfung bildet. Es wird von einem "sicheren" Nachweis gesprochen. Laut der von uns befragten Experten ist dieser angeblich Nachweis, für den keine Belege veröffentlicht wurden, aber fragwürdig.

Benjamin Ondruschka und sein Team führten im Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf bereits selbst hunderte Obduktionen bei Personen durch, um zu untersuchen, ob diese an COVID-19 verstorben sind. Auf die Frage, ob er bei Obduktionen das Spike-Protein in Gewebeproben nachweisen konnte, schrieb er, es gebe mittlerweile viele Produkte von Herstellern, mit dem das Spike-Protein des Coronavirus nachgewiesen werden könne. Doch: Ein spezifischer immunhistochemischer Nachweis für das Spike-Protein, welches der Körper durch den Impfstoff produziert, sei ihm nicht bekannt.

Sein Team sei zwar auch in der Lage, die Impfstoff-mRNA in Geweben nachzuweisen, doch das weise erst einmal nur darauf hin, dass sich der Impfstoff im Körper verteilt habe – Komplikationen könnten dadurch keine abgeleitet werden, so Ondruschka.

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