Bis zum Tod fehlte offenbar nicht viel: Weil Eltern ihr Baby fast verhungern ließen, wurden sie nun verurteilt. Die Richterin schenkte den Aussagen des Paares keinen Glauben.
Ein Ehepaar hat um den Jahreswechsel 2019 auf 2020 sein erst wenige Wochen altes Baby in Graz beinahe verhungern lassen. Der Säugling trank zu wenig Muttermilch und verlor massiv an Gewicht.
Nur Stunden dürften bis zum Tod gefehlt haben. Die Eltern sind am Dienstag im Grazer Straflandesgericht zu sieben Monaten bedingter Haft verurteilt worden.
Eltern von Ärzten mehrfach geschult
Das Baby war im Dezember 2019 zur Welt gekommen und von Anfang an dürfte es zu wenig getrunken haben. Das geht aus den Dokumentationen des LKH Graz hervor.
Ärzte und Krankenschwestern schulten die Eltern mehrfach vor der Entlassung, damit sie Nahrung zufüttern. Die Gespräche fanden im Beisein eines Dolmetschers statt, da die Familie aus Syrien stammt und kaum Deutsch spricht.
Als Mutter und Kind Mitte Dezember nach Hause zu den drei anderen Kindern kamen, soll das Baby laut den Eltern immer gestillt worden sein. Allerdings nahm die Kleine dennoch ab und wurde immer dünner.
Laut dem Gutachten soll der kritische Zustand des Säuglings für die Eltern um den Jahreswechsel mit Sicherheit erkennbar gewesen sein. Dennoch gingen Vater und Mutter vorerst nicht mit der Kleinen zum Arzt.
Staatsanwaltschaft klagt gegen Eltern
Die Staatsanwaltschaft klagte deshalb das Vergehen des Vernachlässigens und Quälens einer Unmündigen an. "Das ist primär eine tragische Geschichte, aber sie ist noch gut ausgegangen", sagte der Ankläger im Eröffnungsplädoyer.
Die Eltern hätten das Kind schlichtweg nicht ordentlich ernährt. Absicht warf der Staatsanwalt nicht vor, aber grobe Vernachlässigung. Und das, obwohl den Eltern noch im Krankenhaus vor der Entlassung genau gesagt worden sei, dass sie ergänzend zur Muttermilch zufüttern müssen.
Die Mutter gab - mit dem Mädchen in den Armen - vor Gericht an, dass sie aus ihrem Bekanntenkreis gehört hatte, dass das Baby erst mit einer Geburtsurkunde beim Arzt oder im Spital versorgt werde. Da diese aber noch nicht ausgestellt war, hätten sie zugewartet.
Vater und Mutter des Kindes fühlen sich schuldig
"Wir haben auf die Papiere gewartet und uns nicht ausgekannt", sagte sie zur Richterin. Vater und Mutter fühlten sich schuldig und meinten, es tue ihnen leid.
Gleich nachdem sie die Geburtsurkunde erhalten hatten, gingen sie am 7. Jänner zu einer Kinderärztin. Diese schlug Alarm: Das Baby hatte nur noch 1.840 Gramm, war aber mit rund 2.600 Gramm aus dem Krankenhaus entlassen worden.
Die Körpertemperatur war bereits auf unter 34 Grad Celsius gesunken und der Herzschlag war kaum noch vorhanden. Nur Stunden oder maximal Tage hätten noch bis zum Tod gefehlt.
Die Richterin sprach beide Elternteile schuldig wegen des Vergehens des Vernachlässigens und Quälens einer Unmündigen. Beide fassten sieben Monate Freiheitsstrafe aus, die aber für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.
Richterin glaubt dem Paar nicht
"Ich bin überzeugt, dass Sie es in Kauf genommen haben, das Baby zu vernachlässigen und zu quälen. Ich glaube Ihnen nicht, dass sie nicht wussten, dass Sie nicht einfach ins Krankenhaus gehen können", begründete die Richterin.
"Außerdem kenne ich die Klinik: Da wird viel erklärt und alles dokumentiert. Ich glaube Ihnen daher nicht, dass Ihnen nicht ordentlich erklärt wurde, dass Sie zufüttern müssen."
Beide Angeklagten nahmen das Urteil an und auch der Staatsanwalt verzichtete auf Rechtsmittel. Das Urteil ist daher rechtskräftig. © APA
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