FPÖ-Politiker Maximilian Krauss sorgt mit seinen Vorschlägen für eine Schulreform für Aufregung. Dabei setzt er aber nur die lange Tradition skurriler Politiker-Ideen im Bildungsbereich fort.
Wenn es nach FPÖ-Bezirksobmann Maximilian Krauss geht, sollte der Ausländeranteil in einer Klasse bei maximal 30 Prozent liegen. Wenn das nicht machbar sei, müssten für Schüler mit geringen Deutschkenntnissen und Migrationshintergrund eben eigene Klassen eingerichtet werden. Diese Aussagen sind besonders pikant, da der Jungpolitiker von seiner Partei als Wiener Vize-Stadtschulratspräsident nominiert wurde.
Doch Krauss ist nicht der erste Politiker, der mit seinen Ideen in Sachen Bildung für Furore sorgt. Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger setzte beispielsweise 2012 im Rahmen seines Projekts "Unternehmen Österreich 2025" eine Expertenkommission ein, die Vorschläge für eine Reform des österreichischen Bildungssystems erarbeiten sollte. Dumm nur, dass die Vorschläge der Experten größtenteils so sehr von der ÖVP-Linie abwichen, dass Spindelegger sich kurz darauf öffentlich von seiner eigenen Kommission distanzierte. So schlug das Kompetenzteam unter anderem vor, den von der ÖVP abgelehnten Ethik-Unterricht für alle einzuführen, die Sommerferien auf sieben Wochen zu verkürzen und Schülern bis zu 14 Tagen individuellen Urlaub pro Jahr zu gewähren.
Faszination Gesellschaft statt fadem Geschichtsunterricht
Zumindest teilweise umgesetzt wurde der Ausbau des fächerübergreifenden Unterrichts. Nach Wunsch von Spindeleggers Expertengruppe sollten Geschichte, Geografie, Religion und Politik zu einem gemeinsamen Fach mit dem Namen "Faszination Gesellschaft" zusammengefasst werden, Biologie, Chemie und Physik sollten unter dem Namen "Faszination Naturwissenschaften" die Schüler begeistern. Im Rahmen von Schulversuchen werden diese sogenannten Flächenfächer seit einiger Zeit an Neuen Mittelschulen und AHS-Oberstufen in Österreicher erprobt – wenn auch meist unter weniger "faszinierenden" Namen.
Doch warum nur einzelne Fächer zusammenlegen? Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach sich einst nicht nur für die weitflächige Einführung von Gesamtschulen aus, sondern wollte gleich auch das Bildungsministerium wieder mit dem Wissenschaftsministerium zusammenlegen – unter der Leitung von Superminister Karlheinz Töchterle.
Faymann turnt vor, Stronach sortiert aus
Ganz andere Prioritäten setzt dagegen Bundeskanzler Werner Faymann. (SPÖ). Nach dem österreichischen Debakel bei den olympischen Spielen in London 2012 sollte schon bei den Kleinsten die Begeisterung für den aktiven Sport geweckt werden. Faymann versprach deshalb die Einführung einer täglichen Turnstunde für alle Schüler. Dafür wanderte er sogar medienwirksam gemeinsam mit dem damaligen Staatssekretär Josef Ostermayer und 25 aktiven und ehemaligen Spitzensportlern ins Schneeberggebiet. Schließlich muss ein Politiker ja als gutes Vorbild vorangehen!
Das sollten selbstverständlich auch die Lehrer, doch nach Meinung von Frank Stronach ist das längst nicht immer der Fall. Rund 6000 "Problemlehrer" wollte der Austro-Kanadier 2013 mithilfe einer Expertenkommission ausfindig gemacht haben. Diese sollten nach Meinung des Ex-Team-Stronach-Parteichefs selbstverständlich sofort gefeuert werden, schließlich würde sich doch keine Firma der Welt unfähiges Personal leisten. Die Gewerkschaft der Pflichtschullehrer fand allerdings keine Studie, die Stronachs Zahlen belegt.
Talente-Check im Kindergarten
Der Vorsitzende der ARGE Lehrer in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Paul Kimberger, ist der Meinung, dass nicht nur Lehrer, sondern auch Schüler regelmäßig auf den Prüfstand sollten. Am besten sogar schon vor der Einschulung. Einen "Talente-Check" in der Elementarstufe wünscht sich der Christgewerkschaftler. So ließe sich die Schullaufbahn eines Kindes schon frühzeitig planen. Bei der ÖVP rennt Kimberger damit offene Türen ein: Bei den Regierungsverhandlungen im letzten Jahr waren sogenannte "Sprachstandsfeststellungen" für Vierjährige tatsächlich ein Thema. Umgesetzt wurde der Vorschlag bisher jedoch noch nicht.
Wenn im Kindergarten noch nicht selektiert werden kann, dann wenigstens nach der Volkschule. Spindelegger sprach sich schon im letzten Wahlkampf eindeutig für die Wiedereinführung einer allgemein verpflichtenden Aufnahmeprüfung für die AHS aus. Die SPÖ ist dagegen, und so hat sich am geltenden System bisher nichts geändert. Wie viele unserer reformfreudigen Politiker wohl eine solche Aufnahmeprüfung heute schaffen würden? Vielleicht sollten vor dem nächsten Wahlkampf besser alle noch einmal die Schulbank drücken.
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