Der alljährliche Akademikerball in der Wiener Hofburg wird auch immer von Gegendemonstrationen begleitet. Eine dieser Kundgebungen wird vom Bündnis "Jetzt Zeichen setzen" am Heldenplatz organisiert. Im Gespräch mit unserem Portal erklärt Koordinator Niki Kunrath, was heuer geplant ist und welches Licht der umstrittene Ball auf Österreich wirft.
Was haben Sie am Freitag geplant und wie viele Teilnehmer erwarten Sie?
Niki Kunrath: Es gibt ja drei verschiedene Kundgebungs-Strukturen: Eine davon sind wir von "Jetzt Zeichen setzen". Wir machen direkt am Heldenplatz ein Konzert und Protestreden, mit dabei sind prominente Musiker sowie Zeitzeugen und Menschen, die insbesondere von der FPÖ und den Ballveranstaltern in irgendeiner Weise diskreditiert werden, sei es, weil Sie homosexuell sind oder jüdisch. Das wird einer der Schwerpunkte unserer Kundgebung sein.
Es ist natürlich schwer zu sagen, wie viele Teilnehmer kommen werden, aber ich denke, dass bei uns etwa 1.500 Menschen kommen werden.
Befürchten Sie ähnliche Ausschreitungen und Zwischenfälle wie vergangenes Jahr?
Grundsätzlich glaube ich, dass jeder, der demonstriert, nicht grundsätzlich etwas zerstören möchte. Das, was letztes Jahr passiert ist, war ja auch ein kleiner Ausschnitt. Immerhin hat ja auch die Polizei von sich aus erkannt, dass da einige Fehler von ihrer Seite aus passiert sind, die zu einer erhöhten Mehreskalation geführt haben. Ich traue mich nicht zu beurteilen, wie es am Freitag wird. Für mich persönlich hoffe ich, dass es zu keiner Gewalt kommen wird –weder von der Polizei, noch von den Demonstranten.
Was sagen Sie zur gestrigen Entscheidung der Wiener Polizei, einige Gegendemos zu untersagen?
Also bei den Kundgebungen der FPÖ war es klar, dass sie untersagt wurden, weil sie sich innerhalb des Platzverbotes befinden. Über das Demonstrationsverbot für das NoWKR-Bündnis gibt es eine heiße Diskussion auf unterschiedlichen rechtlichen Ebenen. Es gibt also Rechtsexperten, die verwaltungsrechtlich argumentieren, dass das untersagt werden musste und andere, die das Gegenteil sagen. Hier gibt es sehr viele unterschiedliche Meinungen. In Österreich ist es ja – im Gegensatz zu Deutschland – nicht so, dass man im Schnellverfahren Einspruch erheben kann.
Ich persönlich finde das Demoverbot aus polizeitaktischen Gründen nicht sehr sinnvoll.
Hätten Sie es gut gefunden, wenn sich das NoWKR-Bündnis eindeutiger von gewalttätigen Aktionen distanziert hätte?
Das war ja die Hauptbegründung, warum die Demo untersagt wurde: nämlich dass keine Distanzierung von Gewalt stattgefunden hat. Und es geht ja nicht nur um die Distanzierung von Gewalt: Im Rahmen einer von NoWKR organisierten Pressekonferenz wurden Formulierungen getroffen, die die Polizei dazu veranlasst haben zu sagen, das wäre kein Aufruf nicht gewalttätig zu sein; es wäre ein Aufruf, der möglicherweise zu Gewalt führen kann.
Ich glaube durchaus, dass es sinnvoll gewesen wäre, insgesamt nicht so sehr über Gewalt zu diskutieren, sondern zu diskutieren, wer sich denn eigentlich in den Prunkräumen der Republik aufhält. Aber das wird immer wieder überschattet durch andere Diskussionen.
Was würden Sie sich in Bezug auf den Akademikerball von der Politik wünschen?
Ich wünsche mir eine noch klarere Distanzierung auf Bundesebene. In Wien hat die Landesregierung einen Beschluss gefasst, in dem die Hofburg-Betreiber-Gesellschaft aufgefordert wurde, diesen Ball nicht mehr in der Hofburg auszurichten. Der Betreibergesellschaft ist das allerdings egal, das Geld scheint wichtiger zu sein. Wir erwarten uns mehr Distanzierung auf Bundesebene. Ich bin ja auch nicht ganz glücklich, dass man einfach so vom Akademikerball spricht. Das ist so, wie wenn ich ein Fahrzeug, nur weil ich es umgebaut habe, plötzlich ganz anders nenne. Der Ball wird von denselben Menschen organisiert, die den WKR-Ball organisiert haben, also schlagende Burschenschafter.
Worin besteht aus Ihrer Sicht die Anziehungskraft des Akademikerballs? Es handelt sich dabei ja schon um etwas Einzigartiges in ganz Europa.
Sie geben sich quasi selbst die Antwort. Von der rechtsgerichteten Gruppe "Pro Köln" kam ausdrücklich: "So ein Ball würde bei uns niemals möglich sein." Und das macht es aus. Es können sich Rechtsextreme und Rechtsradikale treffen und sich austauschen, bei einem Glas Wein sitzen und darüber diskutieren, was sie in weiteren Plänen fordern und – wie uns immer wieder mitgeteilt wird - über antisemitische Witze lachen. Und dagegen möchte ich auftreten und dagegen möchten wir auch klar unser Zeichen setzen.
Was wirft es Ihrer Ansicht nach auf Österreich für ein Bild, wenn im Gedenkjahr 2015 der Akademikerball stattfindet und HC Strache postet: "Am nächsten Freitag werden die Stiefeltruppen der SA (Sozialistische Antifa) wieder durch Wien marschieren"?
Nicht gerade das Beste. So wird nicht ganz Deutschland mit der Pegida-Bewegung sofort assoziiert, sondern man sieht auch, dass sich dagegen Widerstand bildet und ich hoffe, dass das auch international gesehen wird, dass Widerstand gegen so einen Ball geleistete wird. Aber es ist dann halt so, dass der Parteivorsitzende der drittgrößten Partei relativ unreflektiert solche provokanten Sätze von sich geben kann ohne dass es einen großen Aufschrei gibt.
Glauben Sie, dass in absehbarer Zukunft der Akademikerball tatsächlich nicht mehr stattfinden wird?
Ich persönlich glaube das. Sonst würde ich wahrscheinlich meine Arbeit nicht mehr machen. Ich glaube, dass der Ball in den nächsten Jahren nicht mehr in der Hofburg stattfinden wird. Es wird irgendwann diese Grenze erreicht werden. Außerdem erklärte der Polizeipräsident von Wien, dass 1,5 Millionen Euro für diese Veranstaltung ausgegeben werden müssen.
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