- Nur mühsam kommt der Irak im Kampf gegen die Corona-Pandemie voran.
- Krieg und Korruption haben auch im Gesundheitssystem ihre Spuren hinterlassen.
- Ein verheerender Krankenhausbrand mit Dutzenden Toten zeigt erneut, wie dramatisch sich die Lage über Jahre verschärft hat.
Schwere Rauchwolken in der Luft, orangerote Flammen in der Nacht: Wieder sind bei einem Brand in der Corona-Station eines irakischen Krankenhauses Dutzende Menschen ums Leben gekommen, darunter offenbar erneut auch COVID-Patienten. Mindestens 92 Menschen starben bei dem nächtlichen Brand, wie Ammar Baschar, Sprecher der lokalen Gesundheitsbehörde, am Dienstag sagte. Viele Menschen suchten laut Augenzeugen noch nach Angehörigen. Die Staatsagentur INA berichtete zudem von rund 50 Verletzten, medizinische Kreise von 100 Verletzten.
Feuer bricht auf der Corona-Station aus
Das Feuer war am späten Montagabend in einer Isolationsstation für COVID-19-Patienten im Krankenhaus Imam al-Hussein in Nassirija im Südirak ausgebrochen. Die Stadt liegt dreieinhalb Autostunden südlich der Hauptstadt Bagdad. Baschar zufolge befanden sich zum Zeitpunkt des Feuers 63 COVID-Patienten auf der Station. Diese war nach Ausbruch der Corona-Pandemie gebaut worden, um auf 600 Quadratmetern bis zu 100 Patienten aufnehmen zu können.
Augenzeugen: Sauerstoffflasche explodiert
Eine offizielle Erklärung über die Ursache des Feuers gab es zunächst nicht. Augenzeugen sagten der Deutschen Presse-Agentur, eine Sauerstoffflasche sei explodiert. Dies war Berichten zufolge auch Auslöser für einen ähnlich verheerenden Brand in einem Krankenhaus in Bagdad im April, bei dem 82 Menschen ums Leben kamen. Dort hatten sich die Flammen seinerzeit auf 16 Räume ausgebreitet und wüteten auch dort, wo schwerkranke Corona-Patienten untergebracht waren.
Für staatliche Infrastruktur im Irak - darunter auch Krankenhäuser - fehlt es nach jahrzehntelangen Konflikten an Geld. Die oft ausufernde Korruption und Verwahrlosung gelten auch im Gesundheitssystem als Problem. Vorschriften etwa zur Arbeitssicherheit werden häufig nur unzureichend umgesetzt. Beide Krankenhausbrände seien Ergebnis "anhaltender Korruption und Misswirtschaft", schrieb der irakische Präsident Barham Salih am späten Montagabend bei Twitter.
Weniger als zwei Prozent der Bevölkerung geimpft
Die beiden Tragödien sind ein Rückschlag im Kampf des Landes gegen die Pandemie, bei dem die Mittel ohnehin knapp sind. Bisher wurden im Irak 1,4 Millionen Corona-Infektionen und 17.500 Todesfälle gemeldet. Die Impfungen kommen nur langsam voran: Der Statistik-Website Our World in Data zufolge haben weniger als zwei Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfdosis erhalten.
In Nassirija brachten Zivilschützer die Flammen am Abend schließlich unter Kontrolle. Videos zeigten chaotische Szenen, in denen Helfer die Opfer in Decken gehüllt nach draußen tragen. Es wurde erwartet, dass die Zahl der Todesopfer noch steigen könnte.
Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi hielt eine Dringlichkeitssitzung mit mehreren Ministern und Sicherheitsbeamten ab, um die Ursachen für den Brand zu untersuchen. Am Dienstag traf dafür auch eine Delegation aus Ministern und Beamten in Nassirija ein. Die Leiter von Gesundheitsbehörde, Krankenhaus und dem Zivilschutz in der Provinz Dhi Kar wurden von ihrem Dienst suspendiert. Al-Kasimi wies Provinzen in der Region auch an, medizinische Hilfe nach Dhi Kar zu schicken.
Jahrelange Nachlässigkeit haben im Irak die Grundlage geschaffen für Katastrophen wie die beiden Brände. Viele Ärzte und andere Arbeiter des Gesundheitswesens haben das Land verlassen. Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge gab der Irak im Jahr 2018 für jeden Bürger nur 239 Dollar (201 Euro) für Gesundheitsleistungen aus. In den Nachbarländern Jordanien und Iran waren es für jeden Bürger 330 Dollar (278 Euro) beziehungsweise 484 Dollar (408 Euro). (ash/dpa)
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