Ein Serien-Räuber wurde wegen schweren Raubes, schwerer Körperverletzung und mehrerer Einbruchsdiebstähle rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt, weil er unter anderem eine 89-Jährige am Grab ihres Mannes ausraubte. Die Rentnerin traut sich nicht mehr auf den Friedhof.

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Am Wiener Landesgericht ist am Dienstag ein Serien-Räuber wegen schweren Raubes, schwerer Körperverletzung und mehrerer Einbruchsdiebstähle rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Der 39-Jährige hatte sich betagten und gebrechlichen Frauen an die Fersen geheftet und diesen mit Gewalt die Handtaschen abgenötigt bzw. ihren Schmuck vom Hals gerissen. Elf Raubfakten umfasste die Anklage. Eines der Opfer war 89 Jahre alt.

"Er hat mi was g'fragt. Weil i derrisch bin, hob i eahm net verstanden"

89-jährige Zeugin

Die Greisin hatte am Südwestfriedhof das Grab ihres verstorbenen Mannes besucht, als der 39-jährige Beschuldigte auf sie aufmerksam wurde. "Er hat mi was g'fragt. Weil i derrisch bin, hob i eahm net verstanden", schilderte die 89-Jährige als Zeugin einem Schöffensenat. Plötzlich habe der Mann an ihrer Handtasche gezogen, worauf sie zwei Mal mit ihrem Gehstock auf ihn eingeschlagen habe. Dann sei sie jedoch zu Boden gestürzt.

Die Hochbetagte erlitt eine Schädelprellung, ein Hämatom und einen Bruch des linken Ringfingers. Neben ihrer Handtasche kam ihr auch ein Medaillon abhanden, das sie an einer Kette am Hals getragen hatte. Es handelte sich dabei um ein Präsent ihres verstorbenen Mannes, das er ihr 1980 geschenkt hatte, wie sie dem Gericht darlegte.

Überfallene 89-Jährige traut sich nicht mehr ans Grab ihres Mannes

Seit dem Raub könne sie nicht mehr die letzte Ruhestätte ihres Mannes aufsuchen: "I trau mi nimmer." Die 89-Jährige machte als Privatbeteiligte knapp 10.000 Euro an Schadenersatz und Schmerzengeld geltend. Der Angeklagte war zu den meisten Anklagefakten - mitumfasst waren mehrere Einbrüche in geparkte Pkw - geständig, bestritt allerdings den Raub am Südwestfriedhof. "So etwas habe ich keinesfalls gemacht. Vielleicht haben das Araber gemacht. Ich sehe ein bisschen aus wie ein Araber", sagte der Bulgare.

Frau mit Rollator ausgeraubt

Die inkriminierten Raubfakten hatten sich im Zeitraum März bis August 2024 ereignet. Der 39-Jährige folgte laut Anklage seinen Opfern in Stiegenhäuser, in den Aufzug oder fragte sie auf offener Straße nach dem Weg, um dann gewalttätig zu werden. Das jüngste Opfer war 72, das älteste 93 Jahre alt. Eine Frau war auf einen Rollator angewiesen, was den Angeklagten nicht davon abhielt, ihr ihre goldene Halskette zu entreißen. Neben der 89-Jährigen wurde eine zweite Betroffene, der der Mann zwei Ketten im Wert von insgesamt 4.600 Euro entrissen hatte, schwer verletzt. Sie erlitt einen Bruch des zwölften Brustwirbelkörpers.

"Alle Überfälle waren am helllichten Tag und an Orten, wo sich die Opfer sicher gefühlt haben", betonte die Staatsanwältin. Sie hob hervor, dass der Bulgare in Österreich bereits zwei Mal vorbestraft sei. Wegen schweren Raubes hatte er fünfeinhalb Jahre ausgefasst, wurde jedoch nach Verbüßung der Hälfte der Strafe bedingt entlassen. Darauf folgte eine weitere Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahls. Aus dieser Verurteilung wurde er im November 2023 entlassen und mit einem Aufenthaltsverbot belegt. Vier Monate später war er wieder in Österreich und beging eine Fülle verbrecherischer Straftaten.

Angeklagter argumentiert mit Heroin-Sucht

"Ich hatte eine sehr große Krise. Ich habe das alles nur gemacht, um Heroin zu kaufen. Ich habe das nicht gekauft, um ein Haus oder ein Auto zu kaufen", gab der Angeklagte zu Protokoll. Er habe "einen großen Fehler gemacht", sagte er, ehe er unversehens zu schluchzen begann: "Dass das ältere Frauen waren, macht mich fertig." "Was passiert ist, ist schrecklich. Erschreckend. Abstoßend. Hintergrund ist seine Drogensucht", meinte der Rechtsbeistand des 39-Jährigen. Der Angeklagte werde "für lange Zeit sitzen. Das weiß er".

Der 39-Jährige war mit der über ihn verhängten Strafe einverstanden. Zu den zwölf Jahren muss er weitere zwei Jahre und neun Monate absitzen - der offene, ihm ursprünglich zur Bewährung ausgesetzte Zeitraum aus den beiden Vorverurteilungen, der ihm nun aufgrund des raschen Rückfalls widerrufen wurde. Auch der Staatsanwalt verzichtete auf Rechtsmittel. (apa/bearbeitet von nap)

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