(ak/cz) - Fast ein halbes Jahrhundert war er österreichischer Staatsbürger, dann entzog die Behörde dem Pensionist Eugen Nerger plötzlich seinen Pass. Nun ist er staatenlos. Nach dem Tod seiner aus dem ehemaligen Österreich-Ungarn stammenden Mutter, stellte das Amt nämlich fest, dass Nerger nie offiziell ein Österreicher hätte werden dürfen. Doch der 65-Jährige steht mit diesem Problem nicht alleine da.
Wie "standard.at" schreibt, handelt es sich bei Herrn Nerger um einen "sogenannten Putativösterreicher". Dies bedeute, er habe seinen Pass nur aufgrund eines Rechtsirrtums erhalten. Grund für den Irrtum seien die wirren Verhältnisse nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Nergers Mutter stammt aus der heutigen Ukraine, das damals zum ehemaligen Österreich-Ungarn gehörte
, war 35 Jahre staatenlos und wurde danach deutsche Staatsbürgerin. Sein Vater, ein Moldawiendeutscher, wurde 1965 zwar in Österreich eingebürgert, die Staatsbürgerschaft ging aber nie auf Sohn Eugen über. Der rot-weiße Staatsbürgerschaftnachweis sei daher nach Behördensicht Eugen Nerger 1965 von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land unrechtmäßig ausgestellt worden. Das wurde nun 46 Jahre später behördlich festgestellt und Nerger die Staatsbürgerschaft aberkannt. Diese so einfach wieder zu bekommen, ist in Österreich allerdings kein Leichtes, denn vorher gilt es viele Hürden zu überwinden.
Volksanwältin Terezija Stoists gegenüber "standard.at" zu dem Fall: "Zwar könnte Herr Nerger die Staatsbürgerschaft sofort wieder von Neuem beantragen - lang genug in Österreich aufhältig ist er ja. Nur ist leider fraglich, ob er als Pensionist mit rund 500 Euro Monatsrente die für Einbürgerungen verlangte Einkommensgrenze schafft."
Die Einkommensuntergrenze liegt bei 800 Euro plus Wohnkosten. Außerdem müsste der gelernte Elektriker aus dem oberösterreichischen Stadl-Paura einen Staatsbürgerschaftstest absolvieren, obwohl er in Österreich seinen Wehrdienst abgeleistet und hier auch seine Steuern bezahlt hat. "Ich werde keinen Antrag stellen, ich werde keinen Staatsbürgerschaftstest machen und ich gehe nicht zur Fremdenpolizei – ich bin Österreicher", schimpft Eugen Nerger im Interview mit "krone.at". Als Staatenloser und ohne Pass könne er im Moment nicht ein mal seine Verwandtschaft im Ausland besuchen.
Nerger sei aber kein Einzelfall. Laut Stoists, habe sie mit ungefähr vier solcher Fälle im Jahr zu tun. Sie nennt es einen "Beweis gesetzesmacherischer Kleinlichkeit". Im Gegensatz zur Schweiz zum Beispiel, in der schon nach fünf Jahren Aufenthalt die Einbürgerung für Putativschweizer um einiges erleichtert wird, pocht Österreich immer noch auf altvordere Gesetze.
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