Ein schockierendes Geständnis erschüttert Wien: Ein 17-Jähriger hat zugegeben, zwei Obdachlose getötet zu haben. Bei seinem Geständnis nennt er auch den Grund für seine Tat.

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Nach der Serie von Angriffen auf Obdachlose im vergangenen Sommer in Wien hat sich am Montag ein 17-jähriger Wiener bei der Polizei gestellt und die Taten zugegeben. Der Jugendliche kam in die Inspektion Leyserstraße in Penzing, sagte Gerhard Winkler, der Leiter des Ermittlungsdienstes des Landeskriminalamts Wien, am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Bei den Messerattacken auf schlafende Obdachlose waren ein 56- und ein 55-Jähriger getötet, eine 51-Jährige verletzt worden.

Täter suchte Ventil für seine Aggression

Montagnachmittag gegen 15.30 Uhr kam der Bursche in die Polizeiinspektion und gab an, dass er "der gesuchte Obdachlosenmörder" sei, sagte Winkler. Er habe sogleich ein "umfassendes Geständnis" abgelegt. Als Motiv wurde zum einen seine zerrütteten Familienverhältnisse gesehen und zum anderen hatte sich seine private Situation ab Februar weiter verschlechtert.

Er brach da die Schule ab und seine Drogensucht - er konsumiert seit seinem 16. Lebensjahr Partydrogen, aber auch Heroin und Kokain - verschlimmerte sich. "Er hat ein Ventil für seine Aggression gesucht, nach Aufmerksamkeit gesucht und eine gewisse Wut, Unruhe und Traurigkeit in sich verspürt, um diese Taten zu begehen", sagte der Ermittler.

Auswahl der Opfer bewusst getroffen

Ab 12. Juli hatte er dann gezielt nach den Opfern Ausschau gehalten. Dazu waren für ihn drei Kriterien notwendig, so Winkler: die leichte Verfügbarkeit, die Ungestörtheit und die Wehrlosigkeit. Dass diese Menschen obdachlos waren, dürfte für den mutmaßlichen Täter keine Rolle gespielt haben.

Laut Winkler hatte er gezielte Vorbereitungshandlungen getroffen: Das Messer versteckte er am Knöchel und streifte vermummt durch die Nacht. Auch passte er auf, dass die Tatorte nicht videoüberwacht waren.

Tatwaffe konnte sichergestellt werden

Nach seiner Festnahme hatte die Familie dann Anwalt Manfred Arbacher-Stöger beauftragt, das Mandat zu übernehmen. Auch die mutmaßliche Tatwaffe wurde inzwischen sichergestellt. Bei einer Hausdurchsuchung im Haus seines Vater im Weinviertel wurde das Stiletto dann gefunden. Eine weitere Hausdurchsuchung wurde in einem Krisenzentrum in Währing durchgeführt, wo der 17-Jährige zuletzt lebte.

Dass er sich freiwillig gestellt hat, dürfte mit dem enormen Fahndungsdruck zusammenhängen. Im Oktober wurden Bilder aus einer Überwachungskamera veröffentlicht. Für Hinweise, die zur Ausforschung der Täterschaft führen, wurden vom Verein der Freunde der Wiener Polizei 10.000 Euro ausgelobt.

Der 17-Jährige ist bisher nicht wirklich in polizeilich in Erscheinung getreten. Es gab im September einen Einsatz wegen seiner Drogensucht sowie einen weiteren wegen eines Übergriffs auf seine Mutter im Zuge eines Streits.

Mehrere Angriffe auf Obdachlose in Wien

Die Serie an brutalen Übergriffen begann am 12. Juli, als ein 56-jähriger Mann erstochen auf einer Parkbank am Handelskai in Wien-Brigittenau aufgefunden wurde. In der Venediger Au in Wien-Leopoldstadt erlitt eine 51 Jahre alte Frau am 22. Juli durch Stiche und Schnitte schwere Verletzungen. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht und überlebte die Attacke.

Zuletzt wurde in der Nacht auf den 9. August eine Messerattacke in Wien-Josefstadt beim Hernalser Gürtel 22 verübt, wobei der 55-jährige Mann wie das erste Opfer seinen Verletzungen erlag.

Caritas-Direktor erleichtert über Festnahme

Betreuungseinrichtungen für Obdachlose reagierten auf die drei Bluttaten mit erhöhten Schlafplatzangeboten und öffneten Tagquartiere auch in der Nacht. Am Dienstag zeigte sich nun etwa Caritas-Direktor Klaus Schwertner über die Festnahme erleichtert.

"Messerattacken auf Obdachlose - Große Erleichterung bei den Streetworkteams der CaritasAustria und v.a. bei den obdachlosen Menschen, die nach wie vor im Freien in Wien schlafen. Der mutmaßliche Täter wurde gefasst. Danke an die LPDWien", schrieb er auf den Nachrichtendienst X (vormals Twitter). "Eine Stadt atmet auf. Neben der Kälte und dem Schnee blieb die Verunsicherung in der Bundeshauptstadt groß, besonders bei obdachlosen Menschen selbst. Bis zuletzt verteilten die CaritasAustria Streetworkteams Trillerpfeifen u Taschenalarme bei ihren Einsätzen mit dem Kältebus."

Leiter der Wohnungslosenhilfe äußert sich ebenfalls

"In erster Linie sind wir erleichtert, dass sich der Täter jetzt gestellt hat. Weiterhin bleiben aber obdach- und wohnungslose Menschen in Wien eine marginalisierte Gruppe, das Leben auf der Straße ist nach wie vor mit Gefahren verbunden", sagte auch Markus Hollendohner, Leiter der Wohnungslosenhilfe im Fonds Soziales Wien (FSW). "Wir haben den Schutzschirm für obdachlose Menschen nie geschlossen, er bleibt auch weiterhin aufrecht."

Und Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) betonte: "Der Stadt war es ein Anliegen, rasch zu helfen und Schutz anzubieten. Dass sich der Täter jetzt gestellt hat, ist beruhigend. Nichtsdestotrotz zeigt es, dass wir weiter auf obdach- und wohnungslose Menschen in unserer Stadt schauen müssen. Hass auf Menschen in Not hat in unserer Stadt keinen Platz." (APA/phs)

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