• Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat die Stadt Stuttgart nach der "Querdenker"-Demo am Samstag scharf kritisiert.
  • Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) will alles dafür tun, dass sich derartige Demonstrationen nicht wiederholen.
  • UPDATE vom 4. April, 17:05 Uhr: Die Stadt Stuttgart beabsichtigt, das rechtswidrige Verhalten vieler Teilnehmer, die ohne Masken und Mindestabstand unterwegs waren, mit Bußgeldern zu ahnden.

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Nach ausufernden Demonstrationen mit Tausenden Masken- und Abstandsverstößen in Stuttgart hat die Deutsche Polizeigewerkschaft die Stadt scharf kritisiert.

"Das versteht keiner – auch wir nicht. Während in anderen Teilen des Landes die Versammlungsbehörden und die Polizei hart und konsequent reagiert und agiert, scheint es so, dass in Stuttgart alles möglich ist", sagte Ralf Kusterer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft am Sonntag. Wenn sich durch die Ereignisse die Infektionszahlen erhöhten, schade das der gesamten Bevölkerung.

Mehr als 10.000 Menschen - größtenteils ohne Masken und Abstand - hatten nach Angaben der Polizei am Karsamstag in Stuttgart bei einer Kundgebung der "Querdenken"-Bewegung gegen die Corona-Politik demonstriert. Hunderte Beamte waren im Einsatz, schritten wegen der Verstöße gegen die Corona-Regeln aber kaum ein. Das rief viel Kritik hervor - ebenso wie Angriffe auf Journalisten.

Nach Demo in Stuttgart: Polizei muss konsequent einschreiten können

Solche Demonstrationen könnten verboten werden, sagte Kusterer. "Friedlich und ohne Waffen heißt in Pandemiezeiten mit Abstand und mit Maske. Wer sich daran nicht hält, verhält sich asozial und macht sich strafbar". Die Zuständigkeit für ein Verbot liege bei der Stadt, die Polizei werde aber kritisiert, weil sie nicht eingeschritten sei

"Offensichtlich scheint es ein Missverständnis zu geben, wenn die Stuttgarter Stadtverwaltung und damit die Versammlungsbehörde sich um klare Entscheidungen drückt und der Polizei dann den Mist vor die Füße kippt."

Die Polizei muss laut Kusterer in die Lage versetzt werden, konsequent einschreiten zu können, wenn die Versammlungsbehörde wie in Stuttgart patze. "Hier erwarte ich Vorarbeiten und Vorgaben des Innenministeriums, klare gesetzliche Regelungen der Landesregierung und den klaren politischen Rückhalt.

Dabei darf es auch keine Rolle spielen, ob es sich um Querdenker, Recht, Linke, Umweltschützer oder den Deutschen Gewerkschaftsbund handelt." Wer in solchen Zeiten das Recht auf Meinungsfreiheit einfordere und die Versammlungsfreiheit in Anspruch nehme, habe nicht das Recht die Gesundheit und das Leben anderer zu gefährden.

Stadt Stuttgart verteidigt ihre Linie

Trotz heftiger Kritik verteidigt die Stadt Stuttgart ihre Strategie bei der Demo. "Ich glaube, wir haben das Beste daraus gemacht", sagte Ordnungsbürgermeister Clemens Maier der dpa am Sonntag. Bei den Demonstrationszügen, die sich zur zentralen Kundgebung der "Querdenken"-Bewegung auf den Cannstatter Wasen aufgemacht hätten, seien am Schluss 15.000 Teilnehmer gezählt worden.

"Wenn die Polizei die Versammlung auf Geheiß der Versammlungsbehörde aufgelöst hätte, hätte sie versuchen müssen, 15.000 Menschen nach Hause zu schicken." Diese wären aber nicht freiwillig gegangen. Die Polizei hätte massiv Gewalt einsetzen müssen. All das sei durchgespielt worden in Gesprächen mit der Polizei. "Wir können die Stadt nicht abriegeln."

Nach wie vor sei er der Ansicht, dass die Corona-Verordnung ein Verbot solcher Massenversammlungen nicht hergebe. Das sieht Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) jedoch ganz anders.

Die Frage, die sich die Politiker vielmehr stellen müssten, sei, warum Menschen keine Masken tragen wollten, sagte Maier. "Warum erreicht die Politik Teile der Gesellschaft nicht? Das ist das eigentliche Problem", betonte der Ordnungsbürgermeister.

Insgesamt waren am Samstag mehr als 1.000 Polizisten im Einsatz. Zwei Wasserwerfer standen laut Maier bereit. Die baden-württembergischen Beamten wurden unterstützt von der Bundespolizei sowie von Polizisten aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen.

Stuttgart will rechtswidriges Verhalten mit Bußgeldern ahnden

Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) will künftige Veranstaltungen derselben Anmelder von Demonstrationen gegen die Corona-Politik wegen Auflagenverstößen verbieten. Die Stadt beabsichtige zudem, das rechtswidrige Verhalten vieler Teilnehmer der Kundgebung, die ohne Masken und Mindestabstand unterwegs waren, mit Bußgeldern zu ahnden, sagte Nopper am Sonntag. Die Angriffe auf Journalisten bei der Demonstration verurteilte er auf das Schärfste.

Ordnungsbürgermeister Maier bekräftigte in derselben Pressemitteilung, dass für die Stadt nicht nachvollziehbar sei, wie das Landessozialministerium – ohne eine Bewertung der Verbotsvoraussetzungen im konkreten Fall - zu der Einschätzung komme, man hätte die Versammlung verbieten können.

Wenn das Ministerium tatsächlich diese Rechtsauffassung vertreten sollte, hätte es die Stadt auch anweisen können, die Versammlung zu verbieten. "Das ist aber nicht erfolgt", betonte Maier. In den nächsten Tagen werde es mit Land und Polizei Gespräche geben. Die Veranstalter der Versammlungen vom Samstag würden zur Rechenschaft gezogen. "Da sind wir vermutlich im Bereich des Strafrechts", sagte Maier.

Gesundheitsminister will alles tun, dass sich solche Demos nicht wiederholen

Gesundheitsminister Manne Lucha will alles dafür zu tun, dass sich Demonstrationen wie am Samstag nicht wiederholen. "Das, was gestern passiert ist, ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich an die Pandemieregeln halten. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Gefährdung und dazu geeignet, die dritte Corona-Welle zu befördern", sagte er am Sonntag.

Den Demonstranten sei es nicht um Freiheitsrechte gegangen, sondern darum die demokratische Grundordnung zu stören. In der kommenden Woche werde es Gespräche mit der Stadt geben. "Wir werden die Situation analysieren", kündigte Lucha an.

Seiner Ansicht nach gibt die derzeit gültige Corona-Verordnung des Landes ein Verbot solcher Massenversammlungen her. Deshalb halte er eine Anpassung der Corona-Verordnung für nicht nötig. Dies hatte Stuttgarts Ordnungsbürgermeister Clemens Maier ins Spiel gebracht. Man werde sich mit der Landesregierung beraten, inwieweit die Corona-Verordnung nach den Erfahrungen in Sachen Versammlungen angepasst werde, sagte Maier am Samstag.

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Der Artikel wurde ursprünglich am 4. April um 11:37 Uhr veröffentlicht.

(pak/dpa)

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